April 2016

 

Prunus mahaleb / Steinweichsel

Bild 01: Prunus mahaleb_Robert-Schlumberger-Weg_14. April 2007
Die Steinweichsel  ist eine Gehölzart, die zur Blütezeit im April und im Mai das Erscheinungsbild der Vöslauer Landschaft in besonderer Weise prägt. Ein Vöslauer Verbreitungsschwerpunkt ist der Bereich Goldeck, Robert-Schlumberger-Weg und Wasserleitungsweg.
Alter Steinweichselbaum an einer Weingartenmauer

Bild 02: Prunus mahaleb_Helenenhöhe_12.April 2007
Am Waldrand und in den Heckenzügen in der Riede Oberkirchen, bei der Helenenhöhe und am Sonnenweg bis zum Oissnerberg gibt es einen Steinweichselbestand aus zahlreichen Bäumen und Sträuchern.
Steinweichselbaum oberhalb der Gainfarner Kirche

Bild 03: Prunus mahaleb_13. April 2012_Gelände des ehemaligen militärischen Übunsggeländes zwischen Wiener Neustädter–Kanal und Flugfeld (Leider ist das Betreten dieses Bereichs seit kurzem verboten.)
Östlich des Wiener Neustädter-Kanals liegen eiszeitliche und nacheiszeitliche  Ablagerungen, Schotter und Lehme, oft knapp nebeneinander, von unterschiedlichster Dicke. Die Schotterböden und Fugen neben alten Betonfundamenten und in aufgelassenen Straßen werden hier von der Steinweichsel besiedelt. Die Steinweichsel zeigt so ihre Fähigkeit zum Pioniergehölz.  In diesem Bereich dominiert sie im April das Landschaftsbild.
Steinweichsel in der Ebene östlich von Vöslau

Bild 04: Prunus mahaleb_Helenenhöhe_27. April 2005
Die Steinweichsel ist als stattlicher Baum oder als Strauch ein Element der Waldsäume an warmen, trockenen, etwas steinigen Standorten.
blühende Steinweichselbäume an einer Weingartenmauer

Bild 05: Prunus mahaleb_Riede Oberkirchen_27. April 2005
Die Steinweichsel  braucht viel Licht und Wärme, verträgt Trockenheit gut und liebt stickstoffarme und basische Böden. Diese Bedingungen werden in den Hecken und Säumen der Föhren- und Eichenwälder am Fuße des Harzberges erfüllt.
Blühende Steinweichselbäume im Waldsaum

Bild 06: Prunus mahaleb_Goldeckgasse_11. April 2012
Im heutigen Siedlungsraum gibt es eine Reihe von stattlichen Steinweichselbäumen, die zum Teil ein Nachklang ehmaliger Weingartenränder sind, zum Teil als Zierbäume gepflanzt wurden oder als Sämlinge, die ihre Existenz der Verbreitung von Kernen durch Vögel zu verdanken hatten, geduldet wurden.
Bühender Steinweichselbaum in einem Garten in der Goldeckgasse

Bild 07: Prunus mahaleb_Florastraße_11. April 2012
Das Gebäude im Hintergrund wurde 1972 errichtet. Vorher war auf dieser Parzelle ein Weingarten.
Blühender Steinweichselbaum in einem Garten in der Florastraße

Bild 08:  Prunus mahaleb_Charlottenhöhe_13.04.2012
Diese Bäume werden wohl gepflanzt worden sein. Über 80 Jahre alte Exemplare sind selten.
[BARTHA :427]
Alte Steinweichselbäume nahe der Kath. Kirche

Bild 09: Prunus mahaleb_Weichselkulturen in  Baden 1878_Mühlgasse
[Fotosammlung Rollettmuseum Baden, C 593]
In den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts begann der Badener Drechslermeister Franz Trenner aus Schösslingen wild wachsender Steinweichselsträucher Pfeifenrohre herzustellen. Da sich diese wegen ihres angenehmen Geruchs gut verkaufen ließen und von den Sträuchern im (später so genannten ) Weichseltal nicht ausreichend viele Schösslinge geschnitten werden konnten, setzte er 1820 auf einer Weingartenparzelle Steinweichselpflanzen aus. Die Weichselpflanzen wurden anfänglich nicht aus Kernen der Früchte gezogen, sondern man pflanzte junge Pflanzen, die man von den natürlichen Standorten der Umgebung entnommen hatte. In den folgenden Jahren legte Trenner  weitere Weichselgärten an der Wienerstraße und gegen das Eichwäldchen [a] an. 1823 machte sich sein ehemaliger Mitarbeiter Michael Biondek selbständig, erwarb große Grundstücke östlich von Baden und setzte darauf Steinweichselpflanzen aus [1]. Die Steinweichsel wurde um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Baden auf 60 ha kultiviert, 250 Menschen fanden dadurch ihren Lebensunterhalt [2].
[a] Die Kuppe des Harterberges wurde damals von einem kleinen Eichenwald eingenommen; Die Straßennamen  Eichwaldgasse, Trennergasse, Biondekgasse und  Weichselgasse erinnern an diese Zeit.    [1] MAYERHOFER   [2] HÜBL 1964: 83

Historische Aufnahme von Baden mit Weichselgärten

Die Steinweichsel wurde bis zu den ersten Versuchen Trenners außer zur Herstellung von Werkzeugstielen kaum genutzt, wie die folgenden Zitate aus Publikationen zu Beginn des 19. Jahrhunderts zeigen:


Bild 10: Prunus mahaleb_LInk zu MÄRTER 1813
Titelblatt der Schrift von MÄRTER

Franz Jospeh MÄRTER beschreibt in seiner Abhandlung über „Charakteristik und Cultur des Mahaleb= oder Parfümir=Kirschbaumes“  die (aus seiner Sicht zu wenig genutzten) Möglichkeiten der forstlichen Nutzung der Steinweichsel als Brenn- und Werkholz, berichtet über medizinische Anwendungen, Gewinnung des Duftstoffes in Tinkturen und Destillaten, als Hilfsmittel in der Färberei und Gerberei und die Eignung als Park- und Gartengehölz. Er hält das Holz als gut geeignet für „kleinere Geräthschaften“, von Tabakkästchen bis Pistolengriffen, für „größere Meubels“ oder deren „innere Fournierungen“, die „Motten und andere ... schädliche Insekten durch den penetranten Geruch"  stets abhalten und meint, dass es „zur Vertäfelung der Zimmmer“ wegen seines besonderen Wohlgeruchs ganz vorzüglich taugt. Zu Pfeifenröhren schreibt er: „Aus den geraden, 1-2 jährigen Trieben oder Stamm-Schösslingen erhält man die hoch geschätzte Tabakspfeifen=Röhren . In Wien werden dergleichen, ohne noch eigentlich zu wissen aus welcher Baumart solche erhalten werden (denn es war dieß bis jetzt noch immer das Geheimniß und Monopol einiger weniger, von Haus zu Haus wandernden Krämern oder hier sogenannten Hausirern), unter dem Nahmen wohlriechende Tobackspfeifen-Röhren um hohe und die gewöhnlichen, aus Sauerkirschen- oder Weichselzweigen verfertigten, wenigstens um das Drey- bis Sechsfache übersteigende Preise, verkauft.“
Offensichtlich gab es zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser Publikation keine umfangreiche Nutzung der Steinweichselschösslinge für die Erzeugung von Pfeifenröhren. Die „Weichselindustrie“ hatte sich in nur wenigen Jahren aus bescheidenen Anfängen zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig für Baden und die nähere Umgebung entwickelt.

Bild 11: Prunus mahaleb Deutsche Encyclopädie 1801
In der Deutschen Encyclopädie 1801 [21: 54] werden ähnliche Anwendungen wie bei MÄRTER genannt, allerdings die Eignung als Material für die Herstellung von Pfeifenröhren nicht!
Titelblatt der Deutschen Encxclopädie

Bild 12:  Prunus mahaleb_GOTTHARD 1802 Taback
Titelblatt von GOTTHARD

 J. Ch. GOTTHARD  führt 1802 in seinem Buch über das Tabkrauchen folgende Holzarten, aus denen Pfeifenrohre gefertigt werden, an: „ a) der Buxbaum, b) der Tabacksröhrchenbambus [...]. c) Der Spill- oder Spindelbaum Evonymus Europaeus, der auch Jupiterkäppchen und Pfaffenkäppchen genannt wird, d) der, Schlingstrauch, Viburnum lantana, der von dem gemeinen Manne bei uns Junkerholz genannt wird), e) der Heckenkirschenstrauch, Lonicera Xylosteum, f) der rot blühende Cornelbaum, Cornus rubra, g) der Berberitzenstrauch, h) die Silberblüthe, Syringa vulgaris, i) die Vogelbeerblütige Spierstaude, Spiraea sorbifolia, vorzüglich aber die persische Weichsel; denn diese saugt nicht nur sehr gierig die Tabackslauge ein, und bleibt während dem Rauchen immer trocken: sondern widersteht auch ihrer Festigkeit wegen einer baldigen Verschmergelung, und kann, wegen ihres starken Kerns leicht ausgebohrt werden, und was diese Art von Röhren vorzüglich noch empfehlenswürdig macht; ist der Wohlgeruch, welchen das Holz während des Rauchens ausdünstet. Nur ist zu bedauern, dass man diese Röhre selten ächt bekommen kann, und dass sie auch zu theuer sind: denn das geringste derselben wird in Ungarn aus der ersten Hand mit vier Dukaten bezahlt, und so steigt der Preiß derselben bis zu funfzehn Ducaten.“
Der Wohlgeruch ist dem Cumarin zu verdanken, das in fast allen Pflanzenteilen enthalten ist. Dieser Pflanzeninhaltsstoff ist auch für den Duft von Waldmeister, Steinklee und Gewöhnlichem Ruchgras verantwortlich.

Bild 13:  Prunus mahaleb_unten: Weichselindustrie_Ill. Extrablatt 31.7.1898: 7, Abb.2 & 3.[MAYERHOFER 1898]__Oben: Vitrine im Rollettmuseum in Baden
Seit 1820 wurde in Baden in „Weichselgärten" auf Ackerböden die Steinweichsel in Reihen feldmäßig gezogen. Nach einer Anwachszeit von wenigen Jahren wurden die jungen Bäume radikal zurückgeschnitten, worauf die Pflanzen mit der Ausbildung schlanker gerader Triebe reagierten. Man ließ nur wenige dieser „Stockloden“ stehen und sorgte in den nächsten drei Jahren durch sorgsames Entfernen der Seitenknospen für die Entwicklung zu geraden, astreinen Trieben, die im Herbst des vierten Jahres geerntet werden konnten. In dieser Zeit bildeten die Bäumchen unterhalb der Ansatzstellen der Triebe ähnlich den Korbweiden Köpfe aus, aus deren Austrieben durch einige Jahrzehnte immer wieder „Weichselröhrln“ gewonnen werden konnten.
Alte Illustrationen zu den Arbeiten im Weichselgarten

Bild 14: Prunus mahaleb_Reklametafel für die Badener Weichselseife in einer Vitrine im Rollett-Museum Baden
Nebenprodukte der „Weichselindustrie“ waren Duftseifen und beim Drechseln anfallende Drehspäne, die als wirksames Abwehrmittel gegen Motten eingesetzt wurden.
MÄRTER[1813: 202] berichtet, dass  im Orient die Früchte in großen Mengen als Heilmittel und zur Herstellung wohlriechender Essenzen und Salben verwendet werden, dass mit aus den Früchten gepresstem Öl die Wäsche und Kleidungsstücke parfümiert werden „so wie allenfalls bey uns mit Rosen- oder Bergamotteöhle und Lavendelgeiste, um sich im gesellschaftlichen Umgange angenehmer und beliebter zu machen.“ In der Deutschen Encyclopädie  wird 1801 ein anderes Verfahren für die Gewinnung des Duftstoffes zur Verfeinerung von Seifen beschrieben: „Das abgezogenen Wasser von den Blüthen und Blättern ist von angenehmem Geruch, so wie auch die Kerne der Früchte, welche desfalls der wohlriechenden Seife beygemischt werden.“ [ Deutschen Enzyclopädie 21: 54]
Reklameschild für Badener Weichselseife

Bild 15: Prunus mahaleb_Weichselindustrie_Ill. Extrablatt 31.7.1898:7 [MAYERHOFER 1898]
Fertigprodukte und Halbprodukte wurden in großen Mengen („waggonweise“) in viele europäische und außereuropäische Länder exportiert. Durch ein Jahrhundert war die Erzeugung von Weichselrohren und daraus hergestellten Produkten ein wichtiger Erwerbszweig in unserer Gegend. Prunus mahaleb war daher auch als Badener Weichsel bekannt.
In Vöslau bestand bis in die 1920er-Jahre auf einem Teil des Geländes, auf dem heute die Abfüllanlage für das Vöslauer Mineralwasser steht und davor eine Baumschule bestand, ein Weichselgarten.  [KLENERT mündlich]

Zeitungsausschnitt 1898


Bild 16 :
Prunus mahaleb_
Der letzte Weichselgarten in Walbersdorf_07. Mai 2011
In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts wurden auch im Weinviertel, in den Gegenden um Ödenburg, Pressburg und Mattersburg Weichselgärten im großen Stil betrieben. Jährlich wurden mehrere Millionen Weichselschösslinge produziert und im Wiener Raum zu Pfeifenrohren, Zigarren- und Zigarettenspitzen, Schirmgriffen und Spazierstöcken verarbeitet. Mit dem Ersten Weltkrieg wurden die meisten Weichselgärten still gelegt, einige hielten sich noch einige Jahre darüber hinaus. Der letzte noch bewirtschaftete Weichselgarten liegt in Walbersdorf, einer Katastralgemeinde von Mattersburg im Burgenland.
Der letzte Weichselgarten


Bild 17: Prunus mahaleb_Karte: Ehemalige Steinweichselkulturen und Verarbeitungsbetriebe in Niederösterreich, Burgenland und Wien
Mit freundlicher Erlaubnis von Klaus Wanninger (14.05.2016) aus SCHRAMAYR & WANNINGER (2007): Die Steinweichsel, Seite 17. 
Das außerordentlich informative Buch ist über den Verein Regionale Gehölzvermehrung – RGV (www.rgv.or.at) und über den Buchhandel ISBN 3-901542-26-4 zu beziehen.

Karte: Anbaugebiete und Verarbeitungsbetriebe der Steinweichsel
 

Bild 17a: Prunus mahaleb_MAYERHOFER 1898: 7_Ansichtskarte 1938
Die Samen für die Kultur der ersten Badener Weichselgärten wurden von zwei Bäumen genommen, die im Park der Weilburg standen (und schon an dieser Stelle vor dem Bau der Weilburg gestanden waren) [1]. Später verwendete man auch Kerne von Steinweichselbäumen vom nördlichen Ufer des Plattensees [2].
[1] MAYERHOFER 1898  [2] BAUER 2004, 24: 27

Ein Mutterbaum der Weichselkulturen im Park der Weilburg

Dazu auch: Kapitel 5.5 Prunus mahaleb, die Steinweichsel  (Seite 216-218). In:
WALLMANN TH. & STINGL R. (2011): Die Blumen-Esche Fraxinus ornus am nördlichen
Alpenostrand. — Wien: NEILREICHIA 6 (Jahrbuch des Vereins zur Erforschung der Flora
Österreichs 183-296


Bild 18 Prunus mahaleb_Arealkarte zur Verbreitung der Unterarten der Steinweichsel,
zusammengestellt nach HeckipediaSCHRAMAYR & WANNINGER 2007: 9 und BARTHA: 424

Von der Steinweichsel gibt es zumindest drei Unterarten, von denen
eine (ssp. simonkai) im südöstlichen Europa bis in das pannonische Österreich (Areal gelb eingefärbt),
eine zweite (ssp. mahaleb) in Teilen Frankreichs, der Schweiz und Süddeutschlands (Areal rot eingefärbt) und
eine dritte (ssp. cupaniana) im Mittelmeerraum von Griechenland bis Spanien (Areal grün eingefärbt) vorkommt.
Dazu werden weitere angegeben (nicht genannt) von der Türkei bis Turkestan, im Süden Spaniens und im Atlasgebirge (Areale summarisch braun eingefärbt).

Übersicht über Areal von Prunus mahaleb und seiner Unterarten

Bild 19: Prunus mahaleb
unten: 13.04.2012 kurz vor dem Austrieb; die Behaarung vom Vorjahr ist erhalten geblieben

oben: 26.04.2012  nach dem Austrieb: die Behaarunmgsmerkmale auf den jungen Trieben sind gut erkennbar
links: die zentral – osteuropäische Unterart: subsp. simonkai
rechts: die westeuropäische Unterart: subsp. mahaleb

Die westeuropäische Unterart (ssp. mahaleb) hat behaarte Zweige, unsere heimische (ssp. simonkai) ist unbehaart. Die Vöslauer Steinweichseln haben zum Teil kahle, zum Teil behaarte Zweige.
Zweige und Sprosse der beiden Unterarten der Steinweichsel

Bild 20: Prunus mahaleb_ca 1805 (Fotos: 21.03.2011 und 23.02.2016: Mein Dank gilt Hern Dr. Mauerer für die Möglichkeit zur Einsicht in das Herbarium und die Erlaubnis zum Anfertigen der Fotos für dieses und das folgende Bild) 
Im Rollett-Museum in Baden wird im Herbarium von Dr. Anton Rollett ein am Mitterberg gesammelter Zweig von „Prunus Mahaleb L.“ aufbewahrt, dessen Rinde kahl ist. Der Baum, von dem der Zweig genommen wurde, ist also der heimischen Unterart Prunus mahaleb ssp. simonkai zuzuordnen.
Steinweichsel im Herbarium Rollett


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Bild 21:   Prunus mahaleb_1,2 & 3 = Herbarium Rollett 1805; 4ROLLET & SCHENK 1805:2
Das Verzeichnis der gesammelten Pflanzen hat Rollett 1805, also vor Beginn der Weichselkulturen, angelegt. ROLLETT und  SCHENK  gaben im selben Jahr gemeinsam  eine Schrift heraus [1], in der sie vermerkten, dass  nur wild wachsende, also keine Kulturpflanzen, in diese Liste aufgenommen wurden. Ein weiterer Hinweis, dass es 1805 noch keine Weichselkulturen gab.
[1] ROLLET & SCHENK: 55
Steinweichsel im Herbarium Rollett

Bild 22: Prunus mahaleb
Li: kahl = zentral- und osteuropäische UnterArt ( subsp. simonkai )
Re: rundherum dicht behaart = westeuropäische Unterart (subsp. mahaleb)
Mitte: unvollständig behaart = intermediäres Individuumn
Heute finden wir unter den wild wachsenden Steinweichseln mit glatter Zweigrinde oft auch solche mit unterschiedlich intensiv behaarten Trieben, was wohl auf die Einkreuzung der westeuropäischen Unterart zurückzuführen ist. Von 151 untersuchten Bäumen bzw. Sträuchern waren 56 völlig kahl, 52 rundherum dicht behaart und 43 teilweise behaart.
Wann und unter welchen Umständen aus Kernen von der westeuropäischen Unterart Pflanzen gezogen wurden, ist nicht bekannt. Die Verwendung nicht autochthoner Steinweichseln als Landschaftsgehölz, etwa entlang der Autobahnen, kann diese Vermischung der Unterarten weiter verstärkt haben.
Zweige von den beiden Unterarten und einer Hybride




Bild 23: = Prunus mahaleb_20.jpg
Oben : Goldeck/Wasserleitungsweg_13. April 2012
Mitte:  hinter "Dänischem Bettenlager"_13. April 2012
unten: Hanuschgasse_16.April 2012
In der Wuchsform und anderen Merkmalen unterscheiden sich die beiden Unterarten nicht:
Bäume der beiden Unterarten und einer Hybride

Bild 24: Prunus mahaleb_Oben: 26. April 2003_Mitte und rechts: 14. April 2007
Die Zweige von Prunus mahaleb sind schlank und hängen bei älteren Steinweichselbäumen ( wie bei kultivierten Weichselbäumen) herab.
Blühende Steinweichselbäume

Bild 25:  Prunus mahaleb_Waldandachtsstraße_23. Jänner 2008
Die im Vergleich zu den stärkeren Ästen sehr zarten Zweige geben älteren Steinweichselbäumen auch im unbelaubten Zustand ein unverwechselbares Erscheinungsbild.
Steinweichselbaum im Winter

Bild 26: Prunus mahaleb__oben: Oberkirchen_27. April 2005__unten: Goldeck_14. April 2007
Vier bis zwölf Blüten sind in  Trauben, bei jüngeren Sträuchern an sparrig abstehenden  Zweigen etwas kompakter, bei älteren Bäumen an hängenden Zweigen etwas lockerer,  angeordnet.
Blühende Steinweichselzweige

Bild 27: Prunus mahaleb_Oberkirchen_21. Juni 2011_unten: Verzeichnis zum Herbarium Rollett 1805
Die Früchte der Steinweichsel sind klein, ihr Fruchtfleisch ist dünn, wenig saftig und schmeckt bitter. Im Vergleich mit Vogelkirschen sind sie als Wildobst daher nicht attraktiv, von Vögeln werden sie aber gerne gefressen.
"Dintenbeere" ist ein Volksname, der zumindest seit 1680 belegt ist [1], "Steinweyxel" für Prunus mahaleb hat schon CLUSIUS 1583 [2] für Wien notiert, als "Badener Weichsel" ist sie seit der Blüte der Weichselkultur in unserer Region bekannt, "Wohlriechende Kirsche" und "Parfümierkirsche" dürften  Benennungen aus dem 18. Jahrhundert sein [3].
[1] MARZELL 3: 1135f      [2] CLUSIUS 1583: 93 (im Scan der UNI Braunschweig fälschlich [108] = 95!)     [3]  MÄRTER 1813 & MARZELL 3]

reichlich fruchtender Steinweichselbaum

Bild 28:  Prunus mahaleb
Nicht immer entwickeln die Steinweichseln einen so üppigen Fruchtansatz (wie im Bild 27 gezeigt). Oft bleiben von einer Dolde nur ganz wenige Früchte oder nur eine einzige Kirsche erhalten. Wenn die nicht mehr benötigten Achsenteile und Blüten-bzw. Fruchtstiele abgefallen sind,  dann sieht es so aus, als hätte jede Frucht einen vom Zweig abzweigenden Stiel.
nicht jede Blüte bringt eine Frucht hervor

Bild 29: Prunus mahaleb_oben: etwa 5 Jahre alte Weingartenbrache in der Riede Oberkirchen_ unten: Diese Fläche zwischen Wasserleitung und Waldandachtstraße, heute offensichtlich ein Baugrund, war bis 2015 ein dichter „Steinweichselbuschwald“. Nach Auskunft der Eigentümer haben sich die Steinweichseln auf dieser Fläche, die bis etwa 1970 ein Weingarten war, von selbst angesiedelt.
Die Steinweichsel ist sehr lichtbedürftig. Kerne, die von Vögeln im Inneren des Waldes abgesetzt werden, keimen zwar, die Bäumchen werden aber nie sehr alt. Nur auf freien Flächen oder im Saum von Wäldern und Hecken können junge Steinweichseln zu starken Sträuchern oder eindrucksvollen Bäumen heranwachsen. Aufgelassene Weingärten können schon nach wenigen Jahren von zahlreichen kräftigen Steinweichselsträuchern besiedelt sein. Bleiben diese Weingartenbrachen mehrere Jahre sich selbst überlassen, kann sich ein dichter Steinweichselbestand entwickeln.
Steinweichselsträucher auf Weingartenbrachen

Bild 30: Prunus mahaleb_Oissner Berg (Blick zum Schneeberg)_27. April 2005
Blick von der Helenenhöhe zum Schneeberg