Februar 2017
Farne 3. Teil
Tüpfelfarne / Polypodium vulgare agg.
Bild 01: Polypodium vulgare [1]_Merkenstein_13. Juli 2014
[1] Anmerkung nach Bild 09 (hier: Buchten berühren den Mittelnerv, Seitennerven sind 2fach gegabelt)
Tüpfelfarn scheint ein von den Botanikern des 18. Jahrhunderts ersonnener Büchername für Polypodium vulgare zu sein. Als Volksnamen sind überliefert: Engelsüass und Süasswurzn wegen des süßen Geschmacks des Rhizoms, Gaisbart und Wåldfedern wohl wegen der Form der Wedel.[MARZELL 3: 945; HÖFER & KRONFELD: 15-16].
Bild 02: Polypodium vulgare agg. [1]_Schelmenloch_13. Oktober 2016
Trotz ihrer Trockenresistenz [2] können Tüpfelfarne / Polypodium vulgare agg. nur in Bereichen wachsen, wo von einer dünnen Humus- oder Moosschicht bedeckte Felsen von alten Bäumen beschattet werden. Eine zumindest zeitweise höhere Luftfeuchtigkeit dürfte Voraussetzung für ihr Vorkommen sein. Im tief eingeschnittenen Abschnitt des Brunntales beim Schelmenloch bedecken der Tüpfelfarne zahlreiche größere Felsen und Felsbrocken aus Gainfarner Breccie [3].
[1] Aggregat = Artengruppe. Dazu gehören die auf Bad Vöslauer Gemeindegebiet wachsenden Arten P. vulgare s.str. und P. interjectum und der im Mittelmeerraum beheimatete und in Österreich nicht vorkommenden P. cambricum [Xflora 248]. Bei diesem hier abgebildeten Farn sind Merkmale beider Arten vermischt: Die Buchten der Blattränder berühren den Mittelnerv nicht, die Seitennerven sind nur 2x ( selten 3x) gegabelt [Xflora : 248]. Siehe Anmerkung nach Bild 09!) [2] DÜLL & KRUTZELNIGG: 375 [3] geologische Karte Nr. 30]
Bild 03: Polypodium interjectum_Brunntal_24. November 2016
Auf dem Grund des Grabens würde der Mittel-Tüpfelfarn / Polypodium interjectum [1] in der hohen Streuschicht untergehen. Auf den Felsen wird sich nie eine so mächtige Masse an Blättern ansammeln, dass der Farn nicht ausreichend Licht bekommen könnte.
[1] siehe auch Bild 13
Bild 04: Polypodium vulgare agg. [1]_Merkenstein_14.Dezember 2016
Die Gainfarner Breccie tritt auch unterhalb der Ruine Merkenstein zu Tage und ist ebenso mit dicht stehenden Tüpfelfarnen besetzt.
[1] siehe: Anmerkung nach Bild 09; hier wie Farn in Bild 14
Bild 05: Polypodium vulgare agg [1]_bei der Ruine Merkenstein am steilen Ostabhang des Geißberges _13.Dezember 2016
[1] Siehe Anmerkung nach Bild 09 (hier: z. T Buchten berühren den Mittelnerv. die Seitennerven sind vorweigend 3fach-, einige 2fach oder 4fach gegabelt, wie Bld 11)
Bild 06: Polypodium interjectum [1] _bei Merkenstein_13. Dezember 2016
Im Merkensteiner „Tüpfelfarnurwald“ hat sich ein Farn auch auf einem gefallenen Baum angesiedelt.
[1] Siehe Anmerkung nach Bild 09 (hier: Die Buchten berühren z.T. den Mittelnerv nicht, die Seitennerven sind 2fach gegabelt)
Bild 07: Polypodium interjectum [1]_Mauer, Schloss Merkenstein_6. Jänner 2012
[1] Siehe Bild 12 und Anmerkung nach Bild 09 (hier: Die Buchten berühren den Mittelnerv nicht, die Seitennerven sind vorwiegend 3fach, selten 4fach - einige auch 2fach - gegabelt)
Auf der Mauerkrone, die den Park des Schlosses Merkenstein nach Osten begrenzt, sitzt ein dichter Bestand des Mittel-Tüpfelfarns.
Bild 08: Polypodium vulgare [1] _Gibisbühel_06. April 2009
[1] Siehe Anmerkung nach Bild 09 (hier: Die Buchten berühren den Mittelnerv, die Seitennerven sind 2fach gegabelt.)
Ein weiterer Fundort liegt am steilen Nordostabhang des Gibisbühel zum Rohrbachtal, wo er auf Bunten Jurakalken [GEROLOG. KARTE Nr. 47] unter alten Laubbäumen wächst.
Bild 09: Polypodium vulgare [1]_Merkenstein_13. Juli .2014
[1] = Farn Bild 01; Siehe Bild 10 und Anmerkung nach Bild 09, (hier: Buchten berühren den Mittelnerv, Seitennerven 2fach (selten 3fach) gegabelt]
Ein schöner Bestand aus Tüpfelfarn am Burgfelsen Merkenstein aus Gainfarner Breccien.
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Es sind also durchwegs Standorte auf Kalk- oder Dolomitfelsen. Diese Tatsache ist ein Indiz dafür, dass es sich hier nicht um den Gewöhnlich-Tüpfelfarn / Polypodium vulgare s.str., sondern um den Mittel [1] -Tüpfelfarn / Polypodium interjectum handelt.[3]
Die beiden Arten unterscheiden sich u.a. durch zwei Merkmale :
1. Bei P. vulgare berühren in der Mitte der Spreite (!) die Buchten der Spreitenränder den Hauptnerv, beim P. interjectum nicht (ein schmaler Gewebsstreifen trennt Bucht und Hauptnerv [2])
2. Die Seitennerven an den untersten (!) Fiederlappen sind bei P. vulgare zweifach, selten dreifach gegabelt, bei P. interjectum drei- oder vierfach. [3]
Eine eindeutige Bestimmung der Art ist nur durch die Untersuchung der Sporangien und Sporen durch ein geeignetes Mikroskop möglich.[4]
Der Gewöhnlich-Tüpfelfarn / Polypodium vulgare soll nur auf „frischen bis feuchten, ± bodensauren Felsen und Mauern“ wachsen [3]. Es irritiert, dass die Standorte durchwegs Felsen und Mauern aus Karbonatgestein sind, obwohl ein Teil der genauer untersuchten Pflanzen nach den beiden mit einer Lupe zu erkennenden Merkmalen (die oben unter 1. und 2. beschrieben und durch die folgenden Bilder illustriert werden) dem P. vulgare zugeordnet werden muss. Die Widersprüche und Unklarheiten erklären sich vermutlich aus der Tatsache, dass es eine Hybride P. interjectum x P. vulgare (= P. mantoniae) gibt, die auch ohne Anwesenheit der Elternarten nicht selten und oft bestandbildend ist [5].
[1] Der Mittel-T. heißt so, weil er aus dem Gewöhnlich T. / P. vulgare und dem mediterranen Säge -T. / P. cambricum entstanden ist. [Xflora 2008:248f]
[2] In der Xflora 2008[: 248] wird über die Breite dieses Gewebsstreifens keine Aussage gemacht, bei HOLZNER & al werden 1-2 mm angegeben.
[3] Xflora 2008: 248 [4] Xflora 2008: 248 Anm. 1 [5] Xflora 2008: 248 Anm. 2
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Bild 10: Polypodium vulgare_bei Ruine Merkenstein_13. Juli 2014
In der Mitte der Blattspreite berühren die knorpeligen Buchten der Spreitenränder den Mittelnerv, die Nebennerven sind 2- oder 3fach gegabelt Beide Merkmale sprechen für P. vulgare.
Bild 11: Polypodium interjectum_bei der Ruine Merkenstein_14. Dezember 2016
Die Buchten der Blattränder in der Mitte der Spreite berühren den Mitternerv nicht, die Nebennerven der untersten Fiedern sind drei-, vier- oder fünffach gegabelt: Beide Merkmale sprechen für P. interjectum.
Bild 12: Polypodium interjectum cf!_Mauerkrone Mauer Merkenstein_2. Dezember 2007
Die Seitennerven der untersten Fiederlappen sind vorwiegend dreifach gegabelt, in der Spreitenmitte reicht die Bucht nur bis auf 0,6 mm an den Mittelnerv heran, wobei jeweils die Hälfte des Gewebes dazwischen hell-knorpelig oder grün wie die Blattspreite ist: vermutlich P. interjectum
Bild 13: Polypodium interjectum_Brunntal, Schelmenloch_24. November 2016
In der Mitte der Blattspreite sind die Buchten der Blattspreiten und der Mittelnerv durch einen 1 bis 2 mm breiten grünen Gewebsstreifen getrennt, die Seitennerven sind drei- bis viermal gegabelt. Beide Merkmale sprechen für P. interjectum.
Bild 14: Polypodium vulgare cf!_Gibisbühel_6. April 2009
Die Seitennerven an den untersten Fiederlappen sind ausschließlich doppelt gegabelt, der knorpelige (helle) Blattrand berührt mit seiner Bucht zwar den Mittelnerv nicht, ist aber mit diesem durch helles (nicht grünes) Gewebe verbunden. Mit Vorbehalt: P. vulgare
Bild 15: Polypodium interjectum_Gibisbühel_11. Jänner 2012
In der Mitte der Blattspreite berühren die Buchten des Blattrandes den Mittelnerv nicht, die Seitenadern der untersten Fiederlappen sind 3- bis 4x, einige sogar 5x gegabelt. Beide Merkmale sprechen für P. interjectum!
Braunschwarz-Streifenfarn / Asplenium trichomanes
Bild 16: Asplenium trichomanes_oben: 15.12.2016__Mitte: 13.10.2016__unten_ 10.02.2013
Die Streifenfarne / Asplenium spp. haben ihre Sori [1] an der Blattunterseite streifenförmig angeordnet. Anfangs bedecken längliche Schleier (Pfeile) die Sporenkapseln [2]. Zur Zeit der Sporenreife ziehen sich die Schleier zusammen und werden von den Sporangien verdeckt, wodurch sich die Streifenform der Sori in der flächigen Verteilung der Sporenkapseln auflöst.
[1]. Die Gruppen von Sporenträgern (Sporangien) mit ihrem Schleier nennt man Sori (Ez: Sorus)
[2] Sporangien
Bild 17: Asplenium trichomanes_Mauer in einem Garten_31. Dezember 2016
Braunstieliger Streifenfarn ist ein Büchername, im Wörterbuch der deutschen Pflanzennamenn scheint er nicht auf [1] Ein (vergessener?) Volksname ist für NÖ überliefert: Widerton (und ähnliche Namen, als Pflanze des Gegenzaubers, in der Bedeutung „wider das Antun der Hexen“ [2] ) und Widertod (oder ähnlich wegen mehrerer Heilwirkungen, u.a. auch gegen Bisse von giftigen Tieren [3]), Frauenhaar (oder ähnlich wegen er braun glänzenden Blattspindeln und der Förderung des Haarwuchses [4]). Diese Wirkungen als Zauberpflanze, Heilpflanze [1] und Mittel, das “ dick und schön har macht, so mans in der läng braucht auch“[5] wird auch der Mauerraute / Asplenium ruta-muraria zugeschrieben. Ebenso wird der Name Widerton für beide Arten des Streifenfarns überliefert. [6]
[1] MARZELL: 490 – 493 [2] MARZELL1: 492 [3] FUCHS: Cap 310 [4]MARZELL 1: 491;HÖFER & KRONFELD : 16; FUCHS: Cap. 310 [5] FUCHS: Cap 28 [6]MARZELL 1: 488
Bild 18: Asplenium trichomanes subsp. ?_ bei Hofstätten_Hauptdolomit und Hangschutt [Geol Karte ]_11. Jänner 2012
Von dem Braunschwarz-Streifenfarn (Braunstieliger St.) / Asplenium trichomanes gibt es 5 Unterarten, die schwer zu unterscheiden sind. Sie sind in der Exkursionsflora als „ taxonomisch kritisch“ gekennzeichnet , d.h. es sind „ noch unzureichend erforschte Sippen; daher schwere Kost auch für Fortgeschrittene! Der Schlüssel [1] gibt eher die Probleme als deren Bewältigung an.“ [2] Daher soll auch hier (nach der Erfahrung zahlreicher Determinationsversuche mit fragwürdigem Ausgang) auf Nennung und Beschreibung der Unterarten verzichtet werden.
[1] Xflora 2008: 247 [2] Xflora 2008 : 32
Bild 19: Asplenium trichomanes_Hexenstein_9. März 2003
Vier von fünf Unterarten des Braunstiel-Streifenfarns besiedeln halbschattige bis schattige Karbonatfelsen.
Bild 20: Asplenium trichomanes_Schelmenloch_24. November 2016
Moosbewachsene Felsen sind oft dicht von Braunstiel-Streifenfarnen besiedelt.
Bild 21: Asplenium trichomanes_bei Hofstätten_26. April 2011
Hin und wieder kann man Braunstiel-Streifenfarne auch auf nicht felsigen Standorten entdecken, wie hier in einem Gebüschsaum bei Hofstätten. Vermutlich ist der Boden dort aber mit dolomitischem Steinschutt angereichert. [Geolog. Karte : Nr. 3]
Mauer-Streifenfarn, Mauerraute / Asplenium ruta –muraria
Bild 22: Asplenium ruta-muraria_Kernstockgasse_17. Juni 2011
Auch der Mauer-Streifenfarn (die Mauerraute) / Asplenium ruta-muraria wurzelt in Felsspalten, ist aber seltener als der Braunstielige Streifenfarn. Wie diesen finden wir ihn auch in Mauern im Siedlungsbereich.
Bild 23: Asplenium ruta-muraria_Langer Graben_18. Dezember 2016
Bild 24: Asplenium ruta-muraria_Kernstockgasse_17. Juni 2011
Auch hier sind die Sporangien in streifenförmigen Sori an der Unterseite der Blätter angeordnet.
Bild 25: 1 = Asplenium ruta-muraria_Langer Graben_18.12.2016_ 2 = A. ruta-muraria_Kernstockgasse_22.12.2016_3 = Ruta graveolens_Garten_21.12.2016
Die Fiederchen der Mauerraute haben zum Teil eine einer Raute (einem Rhombus) ähnliche Form. Archimedes verwendete im 3. vorchristlichen Jahrhundert rhombos für eine Körper, der aus zwei gleich großen Kegeln zusammengesetzt ist.[1] Die Schnittfigur ist ein Rhombus. Das hat aber weder mit der Wein- noch mit der Mauerraute etwas zu tun. Wie aus dem rhombos das Viereck Raute wurde, ist nicht geklärt [2]. Schon im Hochmittelalter wurde für die Pflanze wie für die geometrische Form das gleiche Wort (rÅ«te) verwendet [3].
Plinius gibt im 1. nachchristlichen Jahrhundert für die Weinraute, die u.a. zum Würzen des Weines verwendet wurde, den griechischen Namen rhyte an. Dieser Name für die Mauerraute wurde von den Botanikern schon vor Linné für unseren Farn verwendet (Ruta muraria), wohl weil das Verzweigungsmuster der Blätter der Weinraute / Ruta graveolens jener der Mauerraute / Asplenium ruta-muraria ähnlich ist. [4]
[1] KLÜGEL: 297 [2] DUDEN online-Wörterbuch: RAUTE [3] GRIMM WB online: geometrische Form, Pflanze [4] GENAUST: 548