Zeitzeugin erzählen - Elisabeth Jezek

Flucht vor den Russen auf den Dachboden der Kirche

In der Serie „ZeitzeugenInnen erinnern sich“ (Projekt AUDIT –Familienfreundliche Gemeinde) hat der Bad Vöslauer Stadtfilmer Werner Predota die 90-jährige Elisabeth Ježek (geb. Schaller) vor die Kamera gebeten. Sie erzählt im Gespräch mit Bürgermeister DI Christoph Prinz eindrucksvoll über die letzten Kriegstage im April 1945 und ihr Leben bis zum Staatsvertrag.

Elisabeth Ježek, Jahrgang 1925, hat die Ostertage 1945 noch gut in Erinnerung. Damals wurde im Radio der „Feindsender“ gehört und mit einem Kuckucksruf wurde die Bevölkerung vor drohenden Bombenangriffen gewarnt. Die damals 20-Jährige hat die wichtigsten Habseligkeiten auf das Fahrrad gepackt und ist mit ihrer Mutter zur Waldandacht geflüchtet. Auf dem Weg zum Schutzhaus lagerten schon Hunderte Menschen, um sich im Wald zu verstecken. Erschütternd war dann die Rückkehr in die Wohnung in der Badener Straße 8. Während der Abwesenheit wurden die Räumlichkeiten geplündert und verwüstet. Mit viel Mühe wurde alles wieder in Ordnung gebracht. Doch es dauerte nicht lange, da trommelten Russen an die Tür, legten die Pistole auf den Tisch und langten auch gleich beim kargen Mittagessen (Erdäpfelschmarren mit Grammeln vom Fleischhauer Schachl) zu. Sie kamen am nächsten Tag gleich wieder. Die junge Frau wurde von ihrer Mutter in einer Holztruhe versteckt. Erfolglos, sie wurde entdeckt, aber die Russen ließen sie zum Glück in Ruhe.

An ein besonders angsterregendes Ereignis erinnert sich Elisabeth Ježek noch besonders. Sie haben sich aus Furcht vor den russischen Soldaten gleich neben dem Wohnhaus im Dachboden der evangelischen Kirche verborgen und harrten die ganze Nacht über aus bis die Russen wieder weiter gezogen sind.

Erst langsam kehrte Ruhe ein, aber es herrschte bittere Armut. Die Gemeinde hat der Bevölkerung erlaubt, im Schlosspark Gemüse anzubauen und im Wald Bäume zu fällen, um Brennholz zu haben. Auch die in Bad Vöslau damals zahlreichen Geschäfte, vor allem Bäckereien, hatten nicht viel zu bieten und die Bevölkerung lebte von den Lebensmittelmarken, Geld war ja damals sehr wenig vorhanden.

Aber trotz allem wurde die Lebensfreude geweckt. So zum Beispiel mit einer Tanzschule des damaligen Lehrers Vendler (war später Schuldirektor). Bei dieser Gelegenheit hat die junge Elisabeth Ježek 1946 ihren Mann Albert kennengelernt. 1952 wurde geheiratet. Das Brautkleid wurde von einer Bekannten genäht, der Brautschleier wurde ausgeborgt und für die karge „Hochzeitstafel“ in der eigenen Wohnung wurde allerlei zusammengetragen, das Geschirr hat man sich ausgeborgt. Die Küchenmöbel hat ein Bekannter gezimmert, die Kredenz von damals hat Elisabeth Ježek heute noch. Und als Hochzeitsgeschenk gab es ein Nudelbrett, einen Nudelwalker und einen Wecker. Getraut hat sie der damalige Pfarrer Pater Romuald Wagner.

Groß war der Jubel 1955, als die österreichische Delegation, die auf dem Flugplatz Bad Vöslau aus Moskau zurückkam und am Badplatz der Besuchermasse angekündigt hat, dass Österreich frei wird.

Und noch etwas ist der damals jungen Ehefrau in bleibender Erinnerung. Ihr Mann Albert Ježek hat in einem Straßengraben ein völlig desolates altes Motorrad gefunden, das er mit seinen „goldenen Händen“ mühsam wieder fahrtüchtig gemacht hat und mit dem die erste abenteuerliche Urlaubsreise ins Salzkammergut unternommen wurde.

Ihr sonniges Gemüt, die stete Lebensfreude und ihre Bescheidenheit haben Elisabeth Ježek immer positiv in die Zukunft blicken lassen und so wurde die schwere Zeit überstanden. Und als sie zum Abschluss von Bgm. Prinz gefragt wurde, wieso sie mit mehr als 90 Jahren noch immer so vital und munter ist, gab sie mit einem fröhlichen Lachen die Antwort: „Vöslauer Wasser“. Sie besaß 50 Jahre lang eine Saisonkarte für das Thermalbad und nützte jeden Tag das „Vöslauer Wasser“ um sich zu erholen und fit zu halten. 

Video und Text: Werner Predota
25. April 2016

Interview mit Elisabeth Jesek