Dezember 2016

Farne 1. Teil

Anmerkung: In der Ökologischen Flora von NÖ stellen die Autoren die Frage: "BLätter (Wedel) gefiedert?  Und wenn ja, wie oft?" und geben zur Antwort:"Die Architektur der Farnblätter ist eigentlich ganz einfach und logisch aufgebaut. Trotzdem ist es oft schwierig und verwirrend, in der Natur die Zahl der Fiederung festzustellen." [HOLZNER & al. NÖ 4: 139]    Aus diesem Grund wird hier  (und im Jänner 2017)  der Grad der Fiederung im Bild (9) skizziert und auf den Unterschied von gefiedert zu fiederteilig wird hingewiesen. 

Bild 01: Dryopteris carthusiana_ Totenkopf_22. März 2009
Viele Farne behalten auch über den Winter ihre grünen Blätter.
Farnwedel im Schnee


Bild 02:   Asplenium trichomanes_am Weg zum Froschstein_28. November 2009
Auf dem Boden des Gemeindegebietes sind die Südhänge der Kalk- und Dolomitberge vor allem von kleinen Farnen, die auf beschatteten Felsen oder in deren Ritzen und Spalten wurzeln, besiedelt.Felsen im Wald mit Moosen und kleinen Farnen

Bild 03:  Dryopteris filix-mas_im Brunntal beim Schelmenloch_15. August 2014
„Waldfarne“, die an guten Standorten lange Wedel ausbilden, finden wir über Karbonatgestein auf den Südhängen nur kleinwüchsig und ganz vereinzelt, im tief eingeschnittenen nach Osten abfallenden Brunntal beim Schelmenloch mit gut entwickelten Blättern in größerer Zahl. Einige große farne im Wald

Bild 04Pteridium aquilinum _Kalkgraben_05. Juni 2016
Der Adlerfarn besiedelt einige wenige Stellen des Kalkgrabens, des Langen Grabens und des Merkensteiner  Grabens.

Hohe Adlerfarne

Bild 05: Dryopteris filix-mas_an der Forststraße vom Ostende der Hofstättenwiese zum Roten Kreuz_05.Juni 2011
In den Wäldern, die den lehmreichen Hügelzug von Vogelsang über Niederschlatten, Totenkopf, Rotes Kreuz und Gibisbühel bis zum Himmel bedecken [1], wachsen in vielen Bereichen zahlreiche Farne mit großen Wedeln, wenn auch zwischen den Fundorten oft große Lücken klaffen können.
[1] Siehe Karte November 2016, Bild 23

Dichter Farnbestand

Echt- Wurmfarn und Wald-Frauenfarn /Dryopteris filix-mas & Athyrium filix-femina

Bild 06: Athyrium filix-mas & Dryopteris filix-femina_Grottenfeld_23. Mai 2005
Diese beiden großblättrigen Farne sind vom Erscheinungsbild her sehr ähnlich. Hier stehen Pflanzen von zwei Arten unmittelbar nebeneinander, auf den ersten Blick wie zwei Individuen einer Art: links der „weibliche“ Farn, der Frauenfarn / Dryopteris filix-femina, rechts der „männliche“ Farn / Dryopteris filix-mas. der Wurmfarn [1].
[1] Leonhard FUCHS: “ Die wurtzel des mennlins gepulvert und davon vier quintlin mit Meth getruncken/ treibt aus die breyten würme.“ (Bandwürmer)

zwei große Farne

Bild 07_links: Athyrium filix-femina & rechts: Dryopteris filix-mas_Haidlhoferwald_31. Mai 2009
Filix ist das lateinische Wort für Farnkraut, mas bedeutet ein Männchen, femina ein Weibchen. In der Antike wurde bei sehr ähnlich aussehenden Arten, von denen eine härter oder derber, die andere weicher oder zierlicher war, die eine als männliches, die andere als weibliches Wesen derselben Art verstanden. Auch Leonhard FUCHS schreibt 1543 [Cap. 227]: „Waldfarn würdt in Griechischer spraach Pteris oder Pterion/ in Lateinischer Filix geheyssen. Der Lateinisch nam ist in den Apotecken bliben. […] Des Waldfarn sind zweyerlei geschlecht / weible und mennle. Das mennle würdt bei den Griechen Pteris / zu Latein Filix mas geheyssen. Das weible aber Thelypteris / und Felix foemina.“[1]  Felix-mas und felix–femina sind  als Artbeinamen  auch in den heute gültigen wissenschaftlichen Namen erhalten geblieben [2].
[ 1] Bei L. FUCHS ist als „Waldfarn meenle“ unser Wurmfarn /Dryopteris filix-mas, als „Waldfarn weible“ aber unser Adlerfarn / Petridium aquilinum abgebildet.
[2] Der Frauenfarn hat heute den wissenschaftlichen Namen Athyrium filix-femina. Der Artbeiname ist geblieben, die Gattungsnamen haben gewechselt: von Aspidium f.-f. bei Linné, später Aspidium f.f., Asplenum f.-f., zum heute gültigen Namen Athyrium filix-femina) [NEILREICH: 13] ( Dazu noch einige weitere [SCHNELLER 1974: 199])

Wedel vom Frauenfarn und vom Wurmfarn

Bild 08 : oben.:Dryopteris filix-mas_unten: Athyrium filix-femina_Haidlhoferwald_20. November 2016
Die Blätter von Wurmfarn und Frauenfarn bestehen aus Stielen und Spreiten. Die Spreiten haben Spindeln, von denen Fiedern abzweigen. Die Form des Umrisses der Blattspreiten ist durch die geschlossenen Linien angezeigt: die beiden Arten haben längliche, lanzettliche oder eilanzettliche Spreiten.

Einzelne Blätter von Frauenfarn und Wurmfarn

Bild 09: 1,2 & 3 = Athyrium filix-femina_4 & 5 = Dryopteris filix-mas
Farberklärung_braun: die Spindel des Blattes_gelb: Fiedern erster Ordnung (Hauptfiedern)_rot: Fiedern zweiter Ordnung
4 & 5:  Der Wurmfarn hat einfach gefiederte Blätter (Wedel). Die Fiedern 1. Ordnung (Hauptfiedern) haben (im unteren Teil) fiederschnittige [1] Ränder, wodurch sich Blattelemente (=Abschnitte =Segmente) [2] ergeben, die nicht völlig voneinander getrennt sind und entlang der Spindel der Hauptfiedern durch schmale Spreitenteile miteinander verbunden bleiben.
1, 2 & 3:   Der Frauenfarn hat zweifach gefiederte Wedel. Die Fiedern zweiter Ordnung sind von ihren Nachbarn vollständig getrennt und haben fiederteilige Ränder.
Durch diese stärkere Zerteilung der Blattspreite ergibt sich ein zierlicherer Gesamteindruck des Frauenfarns.(Wedel mit dreifach gefiederten Blättern habe ich in Vöslau nicht gesehen [3])
[1] fiederschnittig: die Einschnitte reichen von 2/3 der Spreitenhälfte bis fast an deren Mitte [Xflora: 79 & 81]
[2] Die Teile der durch ± tief reichende Einschnitte gegliederten Spreiten heißen Abschnitte (= Segmente), wenn sie solche letzter Ordnung sind, werden sie auch „Zipfel“ genannt. [Xflora: 79]
[3] OBERDORFER: 70, 74 „meist dreifach gefiedert; HEGI I.: 47 „fein 2- bis 3fach gefiedert“

Gliederung von Farnblättern

Bild 10: Dryopteris filix-mas_am Weg vom RotenKreuz zum Trenkerkreuz_21. Juni 2015
Die Wedel des Wurmfarns können einen ein Meter hohen Trichter formen.

Großer Wurmfarn

Bild 11:  Athyrium filix-femina_Haidlhoferwald_8. Juni 2009
Der Frauenfarn erreicht bei gleichem Habitus die selben Wuchshöhen, erscheint aber durch eine feinere Teilung der Blattspreite zierlicher.

ein großer Frauenfarn

Bild 12:  Dryopteris filix-mas _oben: am Himmel_21. Juni 2015_unten: Brunntal_15. August 2014
Zur sicheren Unterscheidung können die Sori herangezogen werden. Die Sporenkapseln stehen an der Unterseite der Blätter beisammen und sind anfangs von einem Häutchen, dem Schleier, bedeckt, der sich bei der Sporenreife zusammenzieht und die Sporenkapseln (mit einer Lupe erkennbar) frei stellt. Ein Büschel von Sporenkapseln (bei den meisten Farnarten mit einem Schleier) nennt man Sorus. (Die Sori sind mit freiem Auge erkennbar.)

Unterseite vom Wurmfarn

Bild 13: Dryopteris filix-mas_Grottenfeld_23. Mai 2010
Die Sori sind beim Wurmfarn / Dryopteris filix-mas als Reihen von Punkten erkennbar, meist mehrere (bis 12, selten mehr) in zwei Reihen auf der Unterseite von jedem der kleinsten Blattabschnitte, manchmal auch nur wenige, manchmal sogar nur einer. Es gibt aber auch sterile [1] Blätter, die keine Sporenkapseln ausbilden und nur der Versorgung des Rhizoms dienen, sonst aber den fertilen [2] mit den Sporenkapseln gleichen.
[1] steril = unfruchtbar, keine Fortpflanzungskeime (Samen, oder wie hier, Sporen) hervorbringend [Xflora : 1300]; [2] fertil = Fortpflanzungskeime erzeugend [Xflora: 1270]

ein schöner Wedel vom Wurmfarn

Bild 14: Haidlhoferwald_oben: 30. Mai 2010_Mitte links: 11. Juni 2010_Mitte re & unten: 15. September 2012
Beim Frauenfarn sind die Schleier der Sori länglich, wodurch sie im unreifen Zustand wie bleiche Beistriche aussehen (oben). Zur Zeit der beginnenden Sporenreife erkennt man, dass die länglichen Schleier an einer ihrer Längsseiten am Blatt angewachsen sind (Mitte).Im Herbst werden die Schleier von den Sporenkapseln überragt und dadurch weitgehend verdeckt (Mitte re & unten). Wenn man mit einer Nadel die Sporenkapseln vorsichtig entfernt, kann man die Schleier freilegen (Kreis).

Unterseite vom Frauenfarn

Bild 15:  Athyrium filix-femina_Haidlhoferwald_20. November 2016
Auch an schon abgestorbenen Wedeln des Frauenfarns können die Schleier herauspräpariert werden.

abgestorbene Blätter vom Frauenfarn

Bild 16:  Athyrium filix-femina & Dryopteris filix-mas_am Weg vom ehemaligen Forstgarten Hanifland zum Roten Kreuz
Der Frauenfarn hat längliche Schleier, der Wurmfarn rundliche bis nierenförmige mit einer Bucht, von der ein Stiel zur Oberfläche der Blattunterseite führt.

Unterseiten vom Wurmfarn und vom Frauenfarn im Vergleich

Bild 17: Athyrium f.-f.=li & Dryopteris f.-m.=re_Haidlhoferwald_15. September 2012
Neben der verschiedenen Spreitenteilung und der verschieden geformten Schleier gibt es ein weiteres Unterscheidungsmerkmal: Im Stängelquerschnitt sind beim Echt-Wurmfarn / Dryopteris filix-mas 3 bis 8 rundliche, beim Frauenfarn / Atyhrium felix-femina 2 längliche Leitbündel zu erkennen.

Stängelquerschnitt von Frauenfarn und Wurmfarn

Bild 18:  Dryopteris filix-mas_1 = Brunntal_15.August.2014; 2 bis 6 = Haidlhoferwald_20. November 2016
 Ausschnitte aus Fiedern und Spreublätter von sechs verschiedenen Individuen, wohl alle Dryopteris filix-mas:
Die Variabiliät der Spreitenabschnitte (Zipfel) ist sehr groß: mehr oder weniger zugespitzt, abgerundet bis gestutzt, mit mehr oder weniger tief ausgebildeten Kerbzähnen an den Seiten der Zipfel, manchmal auf derselben Hauptfieder auch ganz ohne Zähne, meist mit etwas gebogenen Seitenrändern, manchmal fast parallel und dadurch annähernd rechteckig. Bei den hier gezeigten Pflanzen sind die Spreuschuppen an den Stängeln breitlanzettlich (d.h. 3-4 x so lang wie breit) und einfärbig blass, können aber auch, durch einen dunkleren Grund, zweifärbig sein (bei 1, 2 und 5).
Diese Zweifärbigkeit der Spreuschuppen verleitet zur Vermutung, dass unter den beobachteten Pflanzen auch der Dichtschuppige Wurmfarn (Dryopteris affinis subsp. borreri) sein könnte. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zum Echt-Wurmfarn / D. filix-mas ist eine auffallend dunkle, violettschwarze Färbung am Grunde der Hauptfiedern. [Xflora: 242]. Dieses Merkmal konnte ich an den Vöslauer Wurmfarnen nicht sehen (vielleicht habe ich es auch zu wenig bewusst beachtet; leider verschwindet diese Färbung mit der Zeit bei gesammelten und gepressten Pflanzen) [1]. Das in der Exkursionsflora  [2] beschriebene Merkmal, nämlich, dass die Spreuschuppen beim Dichtschuppen-Wurmfarn / D. affinis zweifärbig sein sollen (blass- bis kastanienbraun mit dunklem Grund), beim Gewöhnlich-Wurmfarn / D. filix-mas einfärbig bleich, wird von manchen Autoren nicht angeführt [3]. Wohl deshalb, weil die bisweilen widersprüchliche Merkmalskombination- einige Merkmale wie für D. filix-mas, andere wie für D. affinis beschrieben- in der großen Variabilität von Dryopteris filix-mas [4] und auch von D. affinis [5] ihre Ursache haben können. Außerdem gibt es Hybriden zwischen diesen beiden Arten.
Die Form der Spreuschuppen spricht bei diesen sechs Pflanzen für den Echt-Wurmfarn / Dryopteris filix-mas (breitlanzettlich, d.h. etwa 3-4x so lang wie br.; bei D. affinis lanzettlich (=4-6x so lg wie br ) oder pfriemlich (mehr als 6x so lg wie br), vom Grund allmählich in eine feine Spitze verschmälert.)
[1] Doch (?): Beobachtung am 4.12.2016 > Bild 19
[2] Xflora: 242
[3] SCHNELLER Tab 1 ( D. f.-m. „braun, hell, fahlbraun; oval-lanzettlich-spitz“, D. affinis „braun, rotbraun, schwarz; eng-lanzettlich bis lanzettlich, lang zugespitzt“;
HOLZNER & al. NÖ 4.: 152: D affinis „dicht mit blassbraunen Spreuschuppen besetzt“ . Beide Quellen betonen die Ein- bzw Zweifärbigkeit nicht.]
[4] SCHNELLER : 207; Abb. 12,13,14
[5] Vor den Schwierigkeiten wird in der Exkursionsflora für Österreich [Xflora: 242] gewarnt: „D. affinis ist ein Komplex verschiedener […] Sippen, die eine große morphologische Variabilität aufweisen und zudem mit D. filix-mas hybridisieren können“. Zusätzliche wird eine Warnung durch das Symbol für „bestimmungskritische Sippen“ angezeigt. Auch in der Ökologischen Flora Niederösterreichs [HOLZNER & al. NÖ 4: 152] wird darauf hingewiesen: „ Die Wurmfarn-Gruppe (D. filix-mas agg.) ist nicht nur für Einsteiger schwierig.“

Details von sechs Wurmfarnpflanzen

Bild 19:  Dryopteris filix-mas (cf! x D. affinis)_Kalkgraben_4. Dezember 2016
Diese am 4. Dezember 2016 im Kalkgraben entdeckte Pflanze weist Merkmale des Dichtschuppigen Wurmfarns / Dryopteris affinis auf. Die Spindeln von einigen Hauptfiedern sind am Grund dunkel gefärbt, andere aber nicht, oder die Spindeln sind über die Hälfte ihrer Länge, manchmal auch noch weiter, dunkel und nicht blass-grünlich, wie beim Wurmfarn / D. filix-mas (Pfeile). Die Form der Spreuschuppen stimmt mit der Beschreibung für D. affinis überein, das Fehlen der dunkleren Färbung ihres Grundes nicht.
Es könnte sich hier um einen Bastard des Echt-Wurmfarns / Dryopteris filix-mas mit dem Dichtschuppen-Wurmfarn / D. affinis handeln.

Details, die auf eine Hybride hinweisen