Juli 2016

Bild 01: Plantago lanceolata_Oberkirchen_28. Juli 2016
Der Spitz-Wegerich / Plantago lanceolata
ist eine weit verbreitete Wiesenart.
Spitzwegerichsaft ist ein bewährtes Hustenmittel, zerdrückte Blätter lindern Juckreiz und Schwellungen nach Insektenstichen [1].
Die Gestalt der Pflanze ist unverwechselbar: Die aufrechten, (meist schmal)lanzettlichen Blätter [2] entspringen dicht gedrängt einem Rhizom und bilden eine Grundrosette, aus der sich mehrere Schäfte [3] erheben. Jeder Schaft trägt eine Ähre aus zahlreichen Blüten [4], die deutlich kürzer als der Rest des Stängels ist, meist in fruchtendem Zustand eine schmale Walze bilden [5], aber auch sehr kurz-eiförmig bis fast rund [5] sein können. An blühenden Pflanzen können alle Übergänge von länglich-walzlich bis fast kugelig beobachtete werden.
[1]PAHLOW: 302f; HOLZNER 1985: 207f       [2] Artbeiname lanceolata = lanzenförmig = in der Mitte am breitesten, nach beiden Enden verschmälert, meist (4)6-8x so lang wie breit     [3]  blattloser Stängel [Xflora : 732]     [4] An einem  Schaft sitzen etwa 50 bis 200 winzige Einzelblüten.     [5] var.lanceolata [4] var.sphaerostachya [[Xflora : 736]

Spitzwegerich am Wegsrand


Bild 02:  Plantago lanceolata_Oberkirchen_12. Juni 2016
Es fällt auf, dass immer nur Blüten in einer schmalen Zone der Ähre voll entwickelte Staubbeutel tragen. Darüber sind nur Blüten mit jeweils einer Narbe zu erkennen, darunter Blüten, bei denen die Staubbeutel abgefallen sind und nur mehr der verkümmernde Griffel und zum Teil die Staubfäden zu sehen sind.(Details folgen.)

Blühender Spitz-Wegerich

Bild 03: Plantago lanceolata_li: 24. April 2014_re: 28. Juli 2016
Jede Blüte ist zwittrig, die Reife der Griffel und der Staubbeutel erfolgt aber hintereinander: zuerst die weibliche Phase, dann die männliche, beide in einer Welle von unten nach oben in der Ähre wandernd.
Position 1_Blüte zu Beginn der weiblichen Phase: Der Griffel ist noch kurz, die Staubbeutel sind in der Blüte verborgen.
Position 2_Blüte in der männlichen Phase: Der Griffel ist im oberen Teil schon vertrocknet, die Staubgefäße entlassen den Pollen.

Blütenstand und Einzelblüten vom Spitz-Wegerich

Bild 04: Plantago lanceolata_30. Juli 2016
Die Blüten sitzen auf der Ährenachse in den Achseln von Tragblättern. Hier ist eine Blüte im weiblichen Zustand durch Auszupfen der benachbarten Blüten freigestellt. K sind die Kelchblätter, die beiden seitlichen, schmäleren, außen die beiden miteinander verwachsenen. Die Kronblätter (Kr) sind noch aufgerichtet und werden erst zu Beginn der männlichen Phase ihre Spitze nach unten kippen.

Einzelblüte vom Spitz-Wegerich

Bild 05: Plantago lanceolata_28. Juil 2016
Jede Blüte besteht aus dem Fruchtknoten mit einem Griffel, der unscheinbaren Krone, deren vier Blätter unten zusammengewachsen sind und oben mit je einem Kronzipfel abschließen und 4 Kelchblättern (2 davon miteinander vewachsen).
In der weiblichen Phase weisen die Kronzipfel nach oben, die Staubgefäße liegen noch zusammengedrückt im Inneren der Krone.
Der rechten Blüte wurden die Kelchblätter abgetrennt, der Kronblattring an der Basis der Kronblätter aufgeschnitten und die Kronblätter etwas zur Seite gedrückt um den Ansatz des Griffels besser sehen zu können.

zwei Blüten vom Spitz-Wegerich in der weiblichen Phase

Bild 06:Plantago lanceolata_28. Juli 2016
Entwicklungsablauf einer Blüte:
1 weibliche Phase [das breite Kelchblatt (K 3+4) wurde entfernt]
2 männliche Phase: Die Staubfäden strecken sich und heben die Staubbeutel über die nun zurückgeklappten Kronzipfel hinaus.
3 reife Kapselfrucht
4 Der Deckel der Kapsel löst sich, die Samen werden freigesetzt.
Durch diesen Ablauf wird sichergestellt, dass der Griffel einer Blüte nicht von ihren eigenen Pollen bestäubt werden kann.

Verlauf der Anthese einer Blüte


Bild 07: Plantago lanceolata_29. Juli 2016
Die obersten Blüten der Ähre sind noch geschlossen, die unteren sind in der weiblichen Phase: Die Griffel ragen heraus, die oberen weniger als die unteren. Bei den obersten Blüten sind die Griffel noch  nicht funktionstüchtig, kurz und hinter den Tragblättern verborgen (vgl. Bild 04).

Ähre n vom Spitz-Wegerich zu Beginn der Anthese

Bild 08: Plantago lanceolata  31. Juli 2016
Die obersten Blüten sind noch im Knospenstadium, bei den mittleren ragen die Griffel heraus, die unteren strecken an den verlängerten Staubfäden die Staubbeutel heraus, ganz unten sind einige Blüten vollständig verblüht, die Kronblattzipfel und Reste der Griffel und Staubfäden sind noch erhalten.

Blütenähre vom Spitz-Wegerich  mit ersten Blüten in männlicher Phase

Bild 09: Plantago lanceolata_29.Juli 2016
Alle Phasen der Blütenentwicklung haben sich nach oben verschoben. Auch die obersten Blüten strecken ihre Griffel weit heraus.

Zwei Ähren vom Spitz-Wegerich in fortgeschrittener Anthese

Bild 10: Plantago lanceolata_01. Juli 2010
Die obersten Blüten sind in der männlichen Phase.

Ähre vom Spitz-Wegerich gegen Ende der Anthese

Bild 11: Plantago lanceolata_29. Juli 2016
Wenn auch die obersten Blüten ihren Pollen verstreut haben, ist die Anthese [1] dieser Ähre abgeschlossen. Noch sind die Früchte nicht reif, da sich die Kapseldeckel mit den Kronzipfelresten noch nicht gelöst haben.
[1] Anthese = Blühen,Blühzustand, Phase zw. Aufblühen und Verblühen der Blüte oder eines Blütenstandes [Xflora 1259]

Zwei Ähren vom Spitz-Wegerich nach der Anthese

Bild 12: Plantago lanceolata_Kurpark_01. Juli 2010
Der Pollen wird vom Wind vertragen. Obwohl die Blüten keinen Nektar produzieren, kann man immer wieder Insekten, die am Pollen interessiert sind, beim Besuch der Spitzwegerichblüten beobachten.

Schwebfliegen besuchen Spitzwegerichpflanzen

Bild 13:  Plantago lanceolata var. sphaerostachya_oben: Magerwiese am Waldsaum bei Hofstätten_1. Mai 2010_unten: Schotterboden am ehem. militär. Übungsgelände beim Flugplatz_19. Mai 2013
Es wird eine Varietät mit kugeliger bis eiförmiger Ähre (var. sphaerostachya) unterschieden [1] . Vielleicht gehören diese Pflanzen dazu, vielleicht sind es aber auch nur Kümmerformen. Manchmal können auch an ein und derselben Pflanze fast kugelige neben länglich–walzlichen Ähren beobachtet werden.
[1] [Xflora : 755

Varietät vom Spitz-Wegerich mit  kugeliger Ähre

Zu Plantago lanceolata siehe auch JAGEL und WORGITZKY [79-81]!

Bild 14a: Plantago major & P. media & P. lanceolata_Wege auf den Harzberg_27. Juli 2016
Die beiden anderen häufigen Wegericharten,
der Breit- oder Groß-Wegerich / Plantago major und der Mittel-Wegerich / Plantago media
haben rundlich-eiförmige bis breitlanzettliche (also höchstens etwa 3-4 mal so lange wie breite) Blätter,  die zumeist dem Boden ± anliegen.

die drei häufigen Arten vom Wegerich

Bild 14b: Plantago major & P. media & P. lanceolata_Wege auf den Harzberg_27. Juli 2016

Blätter von den drei häufigen Wegericharten

Bild 15: Plantago major & P. media & P. lanceolata_Wege auf den Harzberg_27. Juli 2016
Die Behaarung der Blätter ist unterschiedlich:
Beim Groß-Wegerich sind die Blätter auf beiden Seiten kahl oder sehr spärlich behaart, selten auch dicht weichhaarig [1].
Beim Mittel-Wegerich sind beide Seiten, vor allem bei jungen Pflanzen, dicht mit kurzen Haaren besetzt, besonders dicht an der Unterseite auf den Adern.
Beim Spitz-Wegerich findet man bisweilen auf der Unterseite sehr zerstreut längere haare, meist sind sie völlig kahl.
[1] [Xflora : 756

unterschiedliche Behaarung der Bläter bei den drei Wegericharten

Für forensisch interessierte Botaniker und botanisch interessierte Forensiker sei auf Unterschiede der mikroskopisch erkennbaren Haarmerkmale [1], der Pollen [2] und der Inhaltsstoffen [3] hingewiesen:
[1] Haare mikroskopisch   [2] Pollen lanceolata media major  [3] Inhaltsstoffen Plantago  spp    Plantago major 

Bild 16: Plantago media_Weg auf den Harzberg _02.Juni 2008
Die Ähren des Mittel-Wegerichs / Plantago media sind, wie beim Spitz-Wegerich mehrfach kürzer als die Schäfte. Die Zone der aktiven Blüten ist meist breiter als beim Spitz-Wegerich und nimmt oft beinahe die gesamte Länge der Ähre ein.

ein Mittel-Wegerich

Bild 17: Plantago media_01.08.2016
Der Ablauf des Blühvorganges gleicht jenem des Spitz-Wegerichs, die Griffel ()  bleiben aber länger frisch, so dass viele Blüten gleichzeitig funktionstüchtige Griffel und Staubbeutel haben.
Details der Blüten vom Mittel-Wegerich

Bild 18: Plantago media: li: Weg neben Wasserleitungsdamm_25. Juni 2009_re: Kurpark:1. Juli 2010
Während beim Spitz-Wegerich die Bestäubung durch den Wind die Regel und die durch Insekten die Ausnahme darstellt, ist es beim Mittel-Wegerich umgekehrt: Die langen weiß, rosa oder lila gefärbten Staubgefäße bilden den Schauapparat der Pflanze und locken in Verbindung mit Duftstoffen Insekten an [1]. Daneben wird es wohl auch Windbestäubung geben.
[1] Nur Schwebfliegen? Die Blüten produzieren nur Pollen, keinen Nektar [Stiftung natur].
Mittel-Wegerich in voller Blüte mit Insektenbesuch

Bild 19: Plantago major: _Straßenbankett an der Paitzriegelgasse_22. August 2002
Die Schäfte (mit fruchtenden Ähren)  sind beim Groß-Wegerichs / Plantago major  höchstens so lang wie die Laubblätter (die aber meist dem Boden anliegen), und höchstens doppelt so lang wie die fruchtende Ähren [1]. Die Blätter liegen meist dem Boden auf, …
[1] Bei den beiden anderen Arten übertreffen die Schaftlängen (der Stängel mit reifen Ähren) die Blattlängen deutlich, die Schäfte sind mindestens 4 bis 10 mal so lang wie ihre reifen Ähren.)

ein Breit-Wegerich

Bild 20: Plantago major subsp. major_Straßenrand bei Vöslauer Wasserabfüllanlage_13.Juli 2002
…seltener sind sie aufgerichtet .

ein Breit-Wegerich mit aufgerichteten Blättern

Bild 21: Plantago major subsp. major_Straßenrand bei Vöslauer Wasserabfüllanlage_13.Juli 2002
Auf jeder Ährenachse sitzen etwa 200 Blüten [1]. Jede Frucht enthält durchschnittlich 10 Samen (4)7-9 (15) [2], so dass jeder Fruchtstand etwa 2000 Samen austreuen kann.
[1] eigenen Zählung     [2] Xflora : 756

ein Teil eimer blühenden Ähre vom Breit-Wegerich

Bild 22: Plantago major_Waldweg auf dem Lusthausboden_31. Juli 2016
Daher treffen wir immer wieder auf Herden junger  Groß-Wegeriche.

dichter Bestand von Jungpflanzen vom Breit-Wegerich

Bild 23: Plantago major cf. subsp. intermedia_Neurissäcker (nun zwischen Zubringerstraße und Kompostieranlage)_06. August 2007
Neben dem Gewöhnlichen Groß-Wegerich /Plantago major subsp. major findet man in nassen Ackerfluren eine weitere Unterart, den
Feuchtacker- Groß-Wegerich (Zwerg-Wegerich) / Plantago major subsp. intermedia, ...

ein Zwerg-Wegerich

Bild 24: Plantago major subsp. intermedia_Riegeläcker_15. Juni 2010
... der kleinere,  aber zahlreichere Samen produziert. [[Xflora : 757]

ein Zwerg-Wegerich

Bild 25: Plantago maritima_Merkenstein_22. Juli 2007
Nur an zwei Fundorten mit sehr unterschiedlichem Standortcharakter wurde 2007 der seltene
Strand-Wegerich / Plantago maritima entdeckt: im Gemäuer der Ruine Merkenstein. Dort ist er aber seit mehreren Jahren verschollen..

Strand-Wegerich in altem Gemäuer

Bild 26: Plantago maritima_Schweizerwiese_07. August 2007
Der zweite Fundort liegt auf der Schweizerwiese. Auch hier konnte ich ihn mehrere Jahre hindurch nicht wieder finden. Das mag daran gelegen sein, dass ich den Fundort nicht zum richtigen Zeitpunkt, wenn der Wegerich geblüht hat, aufgesuchtt habe und andererseits daran, dass seine grasartigen Blätter sehr schwer innerhalb des dichten Graswuchses zu entdecken sind.

Strand-Wegerich auf einer Wiese


Bild 26: Plantago maritima_Schweizerwiese_27. Juli 2016
Heuer sind hier wieder Fotos gelungen:

Blühende Ähren vom Strand-Wegerich