NOVEMBER 2015

Die Früchte des
Elsbeerbaumes / Sorbus torminalis
wurden im Altertum als Mittel gegen die Rote Ruhr verwendet. Dieser Gebrauch findet sich auch im antiken Namen, wie er von den römischen Schrifstellern PLINIUS und CELSUS aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. überliefert ist: torminalis ist das Adjektiv zu tormina, das sind die Bauschmerzen, insbesondere die Ruhr. [1]

[1] GENAUST(: 648) zitiert CELSUS (4,26,6) „sorba torminalia ...die essbaren Früchte des Elsbeerbaumes, die als Mittel gegen die Rote Ruhr eingsetzt werden" und PLINIUS (21,68; 27,63 [?>15.27] ): „die 4. Art [von sorbus] nennt man torminale," die  nur als Heilmittel gebraucht werden kann_Plinius (15.27) . quartum genus torminale appellant, remedio tantum probabile ]

Der deutsche Büchername Elsbeere und der Mundartname „Adlasbeer" dürften ihren Ursprung in einer indogermanische Grundform „alisa" haben, die allerdings auch für die Namen anderer Baumarten verantwortlich sein wird (z.B. für Erle / Alnus und für Elsen = Traubenkirsche / Prunus padus)[MARZELL 4: 428, 430]

Bild 01: Sorbus torminalis_bei Haidlhof_oben 18. September 2008_unten: 28. Oktober 2004
„Die Farbe der Früchte schwankt zwischen weinrot [ 1], gelbrötlich, orangebraun, gelbbraun und lederbraun".
Die beiden Aufnahmen zeigen Früchte des selben Baumes!
[1] KAUSCH-BLECKEN (1994:42) gibt die weinrote Farbe nicht an

rote und braune Früchte vom Elsbeerbaum

Bild 02: Sorbus torminalis_oben: nahe der Helenenhöhe_11. Oktober 2012_unten: Krainerwald_15. November 2015
Die Elsbeerbäume fallen von Oktober bis in die ersten Novembertage durch ihre prächtige gelbe oder (meistens) leuchtend purpurrote Blattverfärbung auf.

junger Elsbeerbaum in roter Herbstfärbung

Bild 03: Oben: Spitz-Ahorn, Flaum-Eiche- und Elsbeere. Unten: Mehlbeere, Rotbuche (diese dort nur eingestreut), Schwarz-Föhre__beide Mitte November 2015 auf dem Harzberg
Die Elsbeere wächst lichten Laubwäldern oder ist Teil der zweiten Baumschicht (B2) in aufgelockerten Schwarzföhrenwäldern [1], fast nur an den Süd- und Osthängen in Höhen bis etwa 700 m.s.m., im Gelände südlich des Au-bzw. Rohrbaches auch auf den Kuppen und den flach nach Norden abfallenden Hängen. Diese Standorte sagen auch dem Spitz-Ahorn /Acer platanoides zu. Im Falllaub liegen dann oft die Blätter der beiden Arten nebeneinander.
[1] Die B2 umfasst alle Bäume, die höher als 3m und deutlich niederwüchsiger als die Bäume des alten Bestandes (=B1) sind.

Falllaub mit Elsbeerblättern

Bild 041 & 2 = Spitz-Ahorn, 3 & 4 = Elsbeerbaum, 5 = Flaum-Eiche_Harzberg; 6 = Platane vom Platz vor dem Thermalbad [1]_27. November 2015
[1] PLINIUS (15.27) schreibt „foliis paene platani" (mit Blättern fast wie von der Platane).
Beim Spitz-Ahorn /Acer platanoides zweigen 5 bis 7 Hauptnerven vom einem Punkt an der Basis der Blattspreite radial ab, von diesen gehen deutlich schwächere Nebennerven ab, bei den Blättern der Elsbeere / Sorbus torminalis entspringen entlang eines einzigen Hauptnervs auf jeder Seite 3 bis 5 nur wenig schwächere Seitennerven.

Blätter von Elsbeere und Spitz-Ahorn im Vergleich

Bild 05Sorbus torminalis_Harzberg_28. November 2015
Die Form der Blätter ist sehr variabel. Tiefe Einschnitte teilen die Blattspreiten auf jeder Hälfte in 3 bis 5 Lappen, die untersten sind oft (nicht immer: unten rechts) durch besonders tiefe spitzwinkelige Buchten von der übrigen Blattspreite abgespalten, selten sogar fiederschnittig (unten links). Der Spreitengrund ist meist keilförmig ausgebildet, aber auch gestutzt (mit m.o.w. rechtwinkelig abgehenden Rändern) oder sogar leicht gebuchtet.

Vielfalt der Elsbeerblätter

Bild 06:  Sorbus torminalis_Oktober 2002 &  2004 & Dezember 2009
Verschiedene Aufsammlungen (vom Harzberg, aus dem Krainerwald und aus dem Grenzgraben) dokumentieren die Veränderlichkeit der Elsbeerblätter. Es können sogar benachbarte Blätter auf einem Zweig recht verschieden geformt sein.

Variable Blattformen bei der Elsbeere

Bild 07: Sorbus torminalis_oben: Harzberg_ 1. Oktober 2000__unten: Krainerwald_15. November 2015
Die Blätter setzen an den Zweigen wechselständig an (siehe Bild 1 unten und Bild 6 unten!), die obersten Blätter können aber so nahe aneinandergerückt sein, dass auf den ersten Blick Gegenständigkeit angenommen werden kann (Wer die Elsbeere noch nicht kennt, fragt dann: Was ist das für ein Ahorn?). Man beachte aber auch das Verzweigungsmuster der Zweige!

Beblätteter Zweig von einem Elsbeerbaum

Bild 08: Sorbus cf! torminalis cf! S. latifolia s.l. _beide: Krainerwald _15. November 2015
Ob es sich hier um abweichende Blattformen junger und kaum kniehoher Bäumchen oder um eine Hybride mit der Mehlbeere handelt bedarf noch der Aufklärung.

Blätter von jungen Elsbeerbäumchen

Bild 09: Sorbus torminalis__1: Eingang zum Kalkgraben_03.02.2008__2: Gradental / Augustinerwald_23.09.2007__3: Krainerwald_24.10.2002__4: oberer Teil des Kastanienwaldes_15. Jänner 2008__5: nahe beim Steinernen Kreuz_07.02.2010__6: oberes Manhartstal_08.02.2004
„Die [anfangs] glatte Rinde löst sich später, teils aufrollend, ab und wird bei alten Stämmen schließlich braun, rissig, fein gefeldert und muschelig abschuppend" [KAUSCH-BLECKEN 1994: 28]

Rindenbilder von Elsbeerbäumen

Bild 10:  Sorbus torminalis__ 1 : Hofstättenwald, vom Roten Kreuz zum Himmel_20. April 2008__2: wie 1 am 22. Mai 2008_3: oberes Manhartstal_28. Dezember 2008__4: oberer Teil des Merkensteiner Kastanienwaldes __5: Haidlhoferwald_13. Mai 2008__6: Krainerwald, nahe dem Waldrand_24. Oktober 2002
Die Elsbeerbäume bilden im aufgelockerten Bestand meist gerade und im Alter wipfelschäftige [1], bis in die obere Hälfte astreine Stämme aus, die unter günstigen Bedingungen 25 Meter, bisweilen auch höher werden können.
[1] Wipfelschäftig =einen Stamm bis in den Wipfel habend

Elsbeerbäume im Wald

Bild 11: Sorbus tormnalis_Krainerwald_01. Mai 2007
Bei der Holzernte vor etwa 20 Jahren hat man einige Eichen und Mehlbeeren, zwei Elsbeeren und einen Speierling geschont.

Elsbeerüberhälter

Bild 12: Sorbus torminalis_„Kuahoadl", östlich von Haidlhof_1. Jänner 2004
Frei stehende Bäume können schon tief Äste ansetzen und den Leittrieb in zahlreiche Äste auflösen.

frei stehender Elsbeerbaum

Bild 13 Sorbus torminalis_Merkenstein_15. Jänner 2008
Vergleiche auch Bild l3 in Dezember 2008! Das Alter dieses Baumes ist nicht bekannt, etwa ein Jahrhundert wird wohl nicht ganz falsch sein. 1923 war die Fläche, auf der der Baum steht, ein Obstgarten [1], der Baum hat viel Licht bekommen. In diesen Jahren wird er auch die für freistehende Elsbeerbäume typische Gestalt entwickelt haben. Nachdem die Nutzung dieser Fläche als Obstgarten aufgegeben war und Eichen, Hainbuchen und Föhren von ihr Besitz ergriffen hatten [2], wurde er zum wipfelschäftigen "Waldelsbeerbaum", konnte aber die unteren Äste erhalten. (Vgl Bild 10,1 und 3.) Die Drehwüchsigkeit ist eine Eigenheit dieses Individuums.
[1] & [2] Bestandeskarten zu   Herrschaft Merkenstein 1923  &  Merkenstein..1960-69

alter Elsbeerbaum im ehemaligen Kastanienwald


Bild 14: Sorbus torminalis_ Harzberg_11. Dezember 2012__Die Pfeile weisen auf Elsbeerbäume.
Die Elsbeere kann nur in Wäldern überleben, deren Kronendach ausreichend Licht durchlässt, wie das in alten Schwarzföhrenbeständen und in Eichenwäldern der Fall ist. In diesen Wäldern sind einige Prozente der Bäume Elsbeeren. Auf dieser Fläche wurden 2012 die etwa 160 Jahre alten Schwarz-Föhren entnommen, die darunter auf 5 bis 7 m Höhe herangewachsenen Laubbäume, Flaum-Eichen, Mehlbeeren und Elsbeeren, und einige junge Schwarz-Föhren, insgesamt etwa 60 Bäume, geschont. Vier davon sind Elsbeeren. Die Häufigkeit von etwa 6 bis 7% entspricht  den Werten, die man auch bei einer Untersuchung in Rheinland-Pfalz ermittelt hat [1]. Diese wenigen Elsbeerbäume stehen nicht über die gesamte (0,1 bis 0,2 ha große) Fläche verstreut, sondern sind jeweils nur wenige Meter voneinander entfernt. Bei herbstlichen Spaziergängen auf den Harzbergwegen hat man allerdings den Eindruck, dass viel mehr Elsbeerbäume vorhanden sein müssten, weil man auf manchen Wegabschnitten auf Schritt und Tritt abgeworfene Elsbeerblätter sieht. Die Blätter bleiben zwar gehäuft unter den Bäumen liegen, werden aber wohl auch weiträumig vom Wind verblasen, wodurch eine höhere Elsbeerdichte vorgetäuscht wird. (Exemplarische Auszählungen sind noch ausständig).
[1] PYTTEL & al: 8

Lage von einigen Elsbeerbäumen in einer Schlaglichtung

Bild 15: Sorbus torminalis_Harzberg_30. November 2015
Diese Überprüfung wurde im November 2015 durchgeführt. Wie können die wenigen jungen Elsbeerbäume von den häufigen jungen Mehlbeerbäumen im unbelaubten Zustand unterschieden werden? Das Gesamterscheinungsbild und die Ausbildung des Stammes und seiner Rinde gleichen einander. In diesem Zustand können junge Bäume dieser beiden Arten nur an den Knospen erkannt werden: die der Mehlbeere sind spitz und oft wollig behaart, die der Elsbeere kugelrund bis eiförmig, stark glänzend und kahl, höchstens an den Rändern der Knospenschuppen spärlich und sehr kurz bewimpert. Oft sind die Ränder der abgerundeten Knospenschuppen der Elsbeere zahnartig eingeschnitten.

Knospen von Mehlbeere und Elsbeere

Bild 16: Sorbus torminalis_beim Rastplatz oberhalb des Wasserreservoirs_18. Oktober 2005
Im Saum des Schwarzföhrenwaldes sind die Entwicklungschancen für die lichtbedürftige Elsbeere günstig.

Elsbeerbaum im Waldsaum

Bild 17: Sorbus torminalis_Tribuswinkler Graben_14. November 2004
Inmitten der zahlreichen Buchen im Tribuswinkler Graben konnte sich nur eine einzige Elsbeere behaupten. In schattigen Buchenwäldern ist sie sonst gegenüber dieser Hauptbaumart hoffnungslos unterlegen. Hier werden ihr glückliche Zufälle zum richtigen Zeitpunkt zu ausreichendem Lichtgenuss verholfen haben.
Dazu : ROLOFF A. : 2011: Die Elsbeere, Baum des Jahres 2011

Elsbeerbaum im Buchenwald

Bild 18:  Sorbus torminalis: 1, 2 & 5: an der Sandbergstraße_ 04.Mai 2008 __ 3: unterer Harzberg 30. April 2007 __4: Lusthausboden_11. Mai 2008__6 = „Kuahoadl"_ 11. Mai 2003
Die Elsbeerbäume blühen im Mai. Frei stehende Bäume tragen zahlreiche Blütenstände. Die Blüten sind in Schirmrispen  auf anfangs behaarten, später verkahlenden Schirmrispen angeordnet und werden von Insekten bestäubt.
Notizen zu Bild 18/3 vom 30. April 2007: Fast alle Mehlbeerbäume / Sorbus aria im Bestand blühen (B2, selten B1[*]), die meisten mit zahlreichen Doldenrispen. Im Gegensatz dazu tragen nur wenige Elsbeerbäume / Sorbus tormentalis in der B2[*] Blüten (der hier abgebildete Elsbeerbaum war der einzige mit zahlreichen Blüten, diese gehäuft in Augenhöhe), der Solitär bei Haidlhof (Bild 12 & 20) hat zahlreiche Blütenknospen. Die im Bereich des  Harzberges kontrollierten Speierlinge / Sorbus domestica sind mit einer Ausnahme ohne Blüten ( ein Baum, der bis in die Kronen der Föhren reicht, im unteren Bereich eine einzige Doldentraube). Die beiden Grossauer Speierlinge (Oktober 2005, Bild 5 & November 2009, Bild 6 & 7 ) sind voller Blüten.
[*]B1 = höchste Baumschichte, B2 deutlich niedrigere Baumschichte mit Höhen über 3m)

blühende Elsbeerbäume

Bild 19: Sorbus torminalis_"Kuahoadl" östlich von Haidlhof_oben: 28. Oktober 2004_unten: 19. September 2008
Die Früchte werden fälschlicherweise als Beeren bezeichnet. Die Elsbeere ist eine Kernobstgewächs, die Früchte haben wie Apfel und Birne ein Kerngehäuse, in denen sich Samen [1] befinden. Reife Früchte werden von Vögeln verzehrt, Fuchs und Marder fressen abgefallene Früchte gerne und verbreiten dadurch die Samen [2].
[2] KIRISITS Th., Weiße Blüten und edles Holz. -- Ö1: Vom Leben der Natur, 30. April 2012
[1] 2 bis 4 Samen [KAUSCH-BLECKEN 1994: 42] Früchte sind auf dem Boden kaum zum finden; ich vertraue KAUSCH-BLECKEN. Neben Füchsen und Mardern sind auch Mäuse Liebhaber von Elsbeerfrüchten bzw. -samen. „Abgefallene Früchte werden rasch von Tieren aufgenommen oder wenigstens der Kerne beraubt (Mäuse, Finken, Eichhörnchen). Zur Saatgutgewinnung unter den Bäumen zu suchen ist vergebliche Mühe, der Weg in die fruchtende Krone ist bei der Elsbeere unerlässlich."

Früchte von Elsbeerbäumen

Bild 20: Sorbus torminalis_"Kuahoadl"
Elsbeersolitäre sind selten: Auf Vöslauer Gemeindegebiet ist das der einzige. Er sollte geschont werden. Schade, dass die Kronensilhouette durch Wegnahme eines Astes zerstört wurde.

Ein frei stehender Elsbeerbaum im Jahresablauf