November 2016

Europa [*] - Pimpernuss (Gewöhnliche P.) / Staphylea pinnata
[*] Von den etwa 11 Arten [1] der Gattung Pimpernuss kommt nur Staphylea pinnata in Europa vor. Das Areal wird als mediterran (montan) und submediterran (montan) und temperat (perimontan) charakterisiert [2]  und erstreckt sich nach N bis etwa 50° nach S bis etwa 40°, nach O bis etwa 29° und nach W bis etwa 7°. [3]
[1] HEGI V - 1: 257    [2 & 3] MEUSEL II T : 161, K: 276]

Bild 01: Staphylea pinnata_Remise, 240 m.s.m._9. November 2016
Dem Besucher der Remise fallen im Herbst die eigenartigen wie aufgeblasen wirkenden Kapseln  in und auf der Laubstreu auf. Wenige Meter über dem Boden hängen die noch nicht abgefallenen  Früchte der Pimpernusssträucher / Staphylea pinnata an schon unbelaubten oder noch Blätter tragenden Zweigen.

 Früchte der Pimpernuss an Zweigen und auf dem Boden

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Bild 02: Staphylea pinnata_Remise, 240 m.s.m._12. November 2016
Am Vormittag des nasskalten 12. November sind Kapseln und Blätter von Pimpernusssträuchern schon bei zarter Berührung abgefallen.

Fruchtstände und abgefallene Blätter der Pimpernuss

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Bild 03: Staphylea pinnata_Remise_09. Novemer 2016
Die Fruchtknoten werden  während ihres Heranreifens zur Frucht durch Abgabe von Kohlendioxid, das die mittlere Schicht der Frucht(knoten)wand absondert,  aufgeblasen [1]. Zuletzt erhärten die Wände der Früchte pergamentartig, sodass die reifen,  harten,  von den Fruchtwänden abgelösten  und  im Inneren der Blase  frei beweglichen Samen Rasselgeräusche, das „Pimpern“[2] [3], erzeugen, wenn die Früchte im Luftzug baumeln. 
Die Kapseln sind selten leer, meist enthalten sie einen, zwei, drei oder vier, seltener fünf, sechs oder sieben Samen. Die Zahl der reifen Samen in den einzelnen Kapseln kann stark variieren. Lokalklima, Stress (etwa durch sommerliche Trockenheit) und Vitalität der Pflanze sind bestimmende Faktorn. [4a,b,c]

[1] BAUMGÄRTEL 18-23
[2] Zur Etymologie des Wortteiles „Pimper“: Die Pimpernuss hat nichts mit dem Vulgärausdruck für Koitus zu tun, sondern leitet sich von mittelhochdeutschen Wort pümpern oder ähnliche klingenden Wörtern für „klappern“ ab. Der Name Pimpernuss taucht in den Pflanzenbüchern des 16. Jahrhunderts auf [MARZELL 4: 478] . Im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm wird pimpern als Geräusch bezeichnet, bei dem durch Stoßen oder Klopfen ein heller ( im Gegesatz dazu durch Pumpern ein dumpfer)  Schall  hervorgebracht wird.  [GRIMM J. & Grimm W. : Deutsches Wörterbuch, Bd. 13, Sp. 1858 bis 1859]
[3] HÖFER & KRONFELD haben 1889 für NÖ die Dialektnamen Bemanuss, Bemmanissl, Pempernüssl notiert. (vielleicht auch von  „baumeln“?) 
[4] SCHRAMAYR 2015:10f    [4a] Hier ist unter zufällig aufgesammelten sechs  Kapseln auch eine mit 6 Samen dabei.   [4b] SCHRAMYR (2015: 11): berichtete von199 Kapseln, von denen  32 einen, 48 zwei, 53 drei, 51 vier, 8 fünf, 4 sechs und 3 sieben Samen enthielten.  [4c] Eine weitere  eigene Auszählung von 60 zufällig ausgewählter  Kapseln brachte wieder andere Ergebnisse:  33 Kapsel enthielten nur einen Samen, 22 zwei, drei je 3 und je eine 4 und 5 Samen. 


Sechs Früchte der pimpernuss, geschlossen und geöffnet

 

 

Bild 04: Staphylea pinnata_Remise, 240 m.s.m._09. November 2016
Der Samen ist reif und hat sich von der Fruchtwand gelöst.
Gefäßbündel hatten über die  Plazenta (P, blaue Linie) den an der Fruchtwand haftenden Samen, andere Gefäßbündel die Fruchtwände mit Aufbaustoffen versorgt (weiße Linie). Nach der Trennung des Samens von der Fruchtwand bleibt diese Stelle jeweils als heller Fleck sichtbar, an der Fruchtwand die Plazenta, am Samen der Nabel (N). (Nach BAUMGÄRTEL: 19)

 Eine geöffnete Frucht der Pimpernuss

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Bild 05: Staphylea pinnata_Remise, 240 m.s.m._12. November 2016
Ansichten von unten: Die meisten Früchte haben zwei Hohlräume ausgebildet, wenige drei davon. Die entsprechenden Fruchtwandabschnitte enden jeweils mit einem kleinen Zipfel.

eine zweifächrige un d eine dreifächrige Frucht der pimpernuss

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Bild 06: Staphylea pinnata_Remise, 240 m.s.m._12. November 2016
In der Remise habe ich  am 12. November 2016 wahllos  75 Kapseln vom Boden aufgenommen und ebenso wahllos 60 von den Sträuchern entnommen. In allen Kapseln waren  Samen enthalten.  (Hörtest).
Es gab deutlich weniger dreifächrige Kapseln ( nur etwa 10% ).

Aufsammlung zahjlreicher Pimpernussfrüchte

Tabelle

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Bild 08: Staphylea pinnata_Remise, 240 m.s.m._12. November 2016
Aus keiner der 135 gesammelten Kapseln waren Samen ausgefallen, weil die Kapseln entweder vollständig geschlossen waren oder (bei etwa einem Drittel der gesammelten Kapseln) die Öffnung noch zu klein war, dass Samen hätten ausfallen können. Die Samen haben Durchmesser von 10  bis  11 mm, die Öffnungsweiten lagen am 12. November zwischen 2 und 5 mm.   

 zwei nur wenig geöffnete Früchte der  Pimpernuss

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Bild 09: Staphylea pinnata_Brunntal, etwa 370 m.s.m._10. November 2016
Die gegenständig angeordneten Blätter sind gefiedert,  an der Blattspindel (Rhachis) setzen (meist) zwei oder (selten) drei Blättchenpaare und ein einzelnes Blättchen an der Spitze an, die paarigen Blättchen ohne oder fast ohne, das Endblättchen mit einem Stiel.  Die Unterseite ist bläulichgrün  oder graugrün.  
Wie man bei dem zweiten Blatt sieht, gibt es manchmal auch Abweichungen von diesem Bauplan.

Blätter von der Üimpernuss

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Bild 10: Staphylea pinnata_Remise, 240 m.s.m._12.11.2016
Die Blätter können als Ganzes abfallen, oft lösen sich aber auch einzelne Blättchen, und die Rhachis mit dem Rest der Blättchen fällt später oder …

abgefallene Blätter von der Pimpernuss

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Bild 11: Staphylea pinnata_Kalkgraben, ca 375 msm_09. November 2016
…. die Blattspindel bleibt  blättchenlos längere Zeit am Zweig, was ein für die Pimpernusssträucher charakteristisches Erscheinungsbild bewirken kann.Pimpernuss mit noch nicht abgeschlossenen Blattfall

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Bild 12: Staphylea pinnata_Kalkgraben, ca 375 msm_09. November 2016
An den Enden der aufstrebenden Sprosse sitzen meist [1] Knospenpaare, an den Enden dünnerer Zweige jeweils meist [1] nur eine Knospe (→ Bild 13). Das Knospenpaar erweist sich bei näherer Betrachtung als ein Paar von Seitenknospen (S), zwischen denen eine nur ansatzweise angelegte und nicht weiter entwickelte Endknospe (E) positioniert ist. Im folgenden Frühjahr bildet jede der beiden Knospen des Paares einen Spross aus, wodurch eine gabelige Verzweigung entsteht.
[1] „meist“ bedeutet, dass es selten auch gerade umgekehrt sein kann.

Blattpaar und Knospen an einem Spross der Pimpernuss

 

 Bild 13: Staphylea pinnata: Mitte Kalkgraben, ca 375 msm_9.November 2016_alle anderen: Staphylea pinnata_Kalkgraben, ca. 375 m.s.m_10. November 2016
Nur eine der beiden „endständigen“ Seitenknospen (S) ist entwickelt, die Endknospe (E) rudimentär. Von den beiden Blättern, die gegenständig angeordnet sind, ist eines abgefallen, die Blattnarbe (N) deutlich sichtbar.
Re unten: Von den von einem Strauch wahllos abgenommen  Zweigenden hat nur eines am Ende ein Knospenpaar, die übrigen an den gegenüberliegenden Ansatzpositionen der beiden Blätter nur eine Knospe.[1]
[1] Die paarige Anordnung der „Endknospen“  wird manchmal als charakteristisches Merkmal dargestellt. [ SCHÜTT & al. Sträucher:368; SCHRAMAYR 2015: 10; Bild Winterknospen in wikipedia ] Dies trifft offensichtlich für die Enden der seitlich abstehenden Zweige und bei Trieben durch Stockausschlag nur selten zu. (siehe dazu auch Bild 15 und 16),

Knospen von Seitenzweigen der Pimpernuss

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Bild 14: Staphylea pinnata_Rohrbachtal, etwa 400 m.s.m._17.Juni 2008
Auf dem rechtsufrigen Unterhang des Rohrbachtales, etwas westlich vom Schwarzen Kreuz, existiert ein auf einer Lichtung nach der Schlägerung eines Buchenwaldes vor etwa 25(?) Jahren ein dichter Pimpernussbestand (mit beigemischten Holler- und Haselsträuchern). Die Sträucher konnten sich zu einem ausgedehnten Gebüsch entwickeln, wurden aber zumindest zum Teil wenigstens zwei Mal auf Stock gesetzt.

dichter Pimpernussbestand

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Bild 15: Staphylea pinnata_Rohrbachtal, etwa 400 m.s.m._09. November 2016
Vor zwei Jahren hat man wieder zur Förderung einer Aufforstung einen Teil der Sträucher  geschnitten. Die Pimpernusssträucher  reagierten  darauf mit starkem Stockausschlag. An einigen dieser Triebe haben die Endknospen eigenartige Startversuche unternommen.

 seltsame Knospenbildung an Stockausschlägen der Pimpernuss

 

Bild 16: Staphylea pinnata_Remise, ca. 240 m.s.m._7cm Durchmesser+Stockausschlag_15. November 2016
7cm Durchmesser+Stockausschlag
Die Pimpernuss hat offensichtlich eine starke Potenz zum Stockausschlag, nicht nur nach Verlust des Stammes sondern auch bei ungestörtem Wachstum. „Die Vermehrungsknospen an der Stammbasis bleiben zeitlebens aktiv und daher tendiert die Pimpernuss zur Vieltriebigkeit.“ [1]
Bei Austrieben durch Stockausschlag scheint sich zum Teil doch neben den beiden Sprossen aus den paarigen Knospen auch aus der rudimentären Endknospe ein weiterer  Spross zu entwickeln (wie durch  Bild 15 dokumentiert.)  Allerdings dürften die Triebe, die sich aus den in der Mitte sitzenden  Endknospen entwickelt haben, oder die  ganzen  Sprosse mit Zweigen aus End- und Seitenknospen  oft  nach einigen Jahren  verkümmern.
[1]SCHRAMAYR 2015: 10

Pimpernussstamm mit zahlreichen Stockausschlägen

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Bild 17: Staphylea pinnata_Remise, ca. 240 m.s.m._15. November 2016
An der sehr auffallenden Rinde ist die Pimpernuss auch im kahlen Zustand leicht zu erkennen. Auf dunklem Grund liegt eine netzartiges Muster aus hellen und dunkelgrauen Linien, das oft als schlangenhautartig oder „genattert“ beschrieben wird.
Junge Äste sind in den ersten Jahren einfärbig olivgrün, bevor sie etwa ab dem fünften Jahr diese unverwechselbare Rindenstruktur erhalten.

 Rindenbilder der Pimpernuss

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Bild 18: Staphyllea pinnata_Remise, ca. 240 m.s.m._12. Jänner 2008
Gesamtdurchmesser des Stammes ca. 5cm
Der Kern des Pimpernussstammes ist farblich vom Splint nicht unterschieden. Das Holz ist hart und schwer und schwindet kaum [1]. Über die Verwendung wird wenig berichtet: Das Holz soll sich sehr gut zum Drechseln eignen und auch im Musikinstrumentenbau Verwendung finden.[2] Verwendet wurden seit altersher die Samen als Nahrungsmittel und zur Herstellung von Schmuckketten und (wohl seit dem Mittelalter) von Rosenkränzen. [3]
[1] HEISS & BIELOWSKI   [2] PFOSSER    [3] HEISS gibt einen umfassenden Bericht über prähistorische und historische Funde von Pimpernusssamen.
 
Querschnitt durch einen  Pimpernussstamm

 

Bild 19: Staphylea pinnata_Remise, 240 m.s.m._12. November 2016
Aus 60 Kapseln konnten 95 Samen entnommen werden. In diesem Reifezustand mit harter Schale eignen sich die Pimpernusssamen nur als Perlenerstaz für Ketten und Rosenkränze [1], unreif sind sie so weich, dass man sie essen kann, ohne die Zähne zu gefährden. In Bayern wird mit den Samen auch ein Likör hergestellt [2]
[1]Rosenkränze (offensichtlich nach SCHRAMAYER&WANNINGER, mit einigen nicht korrekt zitierten Aussagen); Armband   [2] Anonymus (o.J.): Trachtpflanzen:

 Samen der Pimpernuss

 

Bild 20: Staphylea pinnata_Brunntal, etwa 400 m.s.m._10. November 2016
Ein etwa 4m hoher Strauch der Pimpernuss in einem Mischwald aus Schwarz-Föhren (≈0.8) und Laubhölzern (≈0.2)
B1: Pinus nigra, Quercus petraea, Fraxinus excelsior, Tilia platyphyllos; B2&Str: Acer campestre, Acer platanoides, Acer pseudoplatanus, Carpinus betulus, Cornus mas, Evonymus verrucosa, Fagus sylvatica, Fraxinus excelsior, Ligustrum vulgare, Prunus avium, Sorbus domestica (r!) , Sorbus torminalis, Staphylea pinnata, Tilia platyphyllos, (Tilia cordata?) Ulmus glabra. K: u.a.: Fraxinus excelsior (verb.), Cornus mas (verbn), Evonymus verrucosa; Carex alba (5), Aconitum lycoctonum (r), Cyclamen purpurascens, Galium sylvaticum, Hepatica nobilis, Lathyrus vernus, Melittis melissophyllum, Rosa arvensis, Solidago virgaurea, … [Notizen vom 17.11.2016]

 großer Strauch der Pimpernuss

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Bild 21: Staphylea pinnata_Brennersteig, etwa 750 m.s.m._29. August 2012
Mit etwa 750 m.s.m. der höchstgelegene Fundort der Pimpernuss  auf Gemeindegebiet.niederwüchsiger Pimpernussstrauch im Buchenwald

 

Bild 22: Staphylea pinnata_Tribuswinkler Graben, etwa 600 m.s.m._15. August 2011
Dieses Bild ergänzt die Dokumentation des Vorkommens der Pimpernuss auf Gemeindegebiet.
Pimpernuss im Buchenwald

 

Bild 23: Fundortkarten zu Staphylea pinnata auf Bad Vöslauerer Gemeindegebiet.
 Weitere,  nicht durch  Bilder belegte Fundorte sind auch in der Karte [1] eingetragen:
° Mischwald, vom Ende der alten Straße nach Schwarzensee zum Himmel, ca 520 m.s.m
° Ufergehölz am Rohrbach, nahe dem "Kreuz mit den Thujen", ca. 450 m.s.m
° Manhartsberg, Mischwald aus Buchen und Schwarz-Föhren, ca. 605 m.s.m
Es dürften damit alle Fundorte dargestellt sein. Die Vorkommen liegen zerstreut mit großen Verbreitungslücken, die einzelnen Populationen können aber aus zahlreichen Individuen bestehen (Remise, Rohrbachtal).

[1] Die Karte habe ich für das Büchlein „Gelber Lauch und Zypergras“ [HALBRITTER & STINGL] auf Basis der geologischen Karte [*] gezeichnet und für diesen Beitrag mit einigen topografischen Angaben ergänzt. Es zeigt sich sehr schön, dass die Pimpernuss  „nährstoff- und meist kalkreiche, milde , humose, steinige oder reine lockere Lehmböden in sommerwarmer, geschützter Lage“ besiedelt [OBERDORFER:620]: Die Standorte liegen in Gräben, in Geländemulden, an Unterhängen oder in flachen Bereichen, über kalk- bzw. dolomithältigem Gestein oder auf Lehm- oder Auböden. Bemerkenswert ist der hoch gelegene Standort am Brennersteig.
[*] Geologische Karte

Karte : Vorkommen der Pimpernuss

 Teilkarte W

Pimpernuss-Teilkarte

In der Monografie
SCHRAMAYR G. & WANNINGER K. (2015): Die Pimpernuss Staphylea pinnata. ─ Verein Regionale Gehölzvermehrung–RGV. (ISBN3-901542-33-7)
sind zahlreiche interessante Informationen zur Pimpernuss detailreich dargestellt. Sehr empfehlenswert!