SEPTEMBER 2014

 

Groß-Zirmet / Tordylium maximum  (Bild 2 bis 13)
Ungarn-Hasenohr / Bupleurum affine (Bild 14 bis 23)

Bild 01: Tordylium maximum & Bupleurum affine_Gainfarn (Obere Granern)_27. Juli 2002
In dem Weingarten, in dem bis 2004 der Acker-Klettenkerbel / Torilis arvensis massenhaft auftrat (August 2014, Bild 9 & 13)( & hier Bild 5) wuchsen, blühten und fruchteten auch zahlreiche Individuen von zwei weiteren seltenen und gefährdeten Arten, vom Zirmet und vom Ungarn-Hasenohr.
Alle drei Arten haben die Rodungen auf diesem Standort nicht überlebt, kommen aber, wenn nun noch  seltener, in der Weingartenlandschaft zwischen Hüterriegel und Granerbründl in Gebüsch- und Waldsäumen an wenigen Stellen vor. Diese drei Arten dürften zu intensive Bodenbearbeitung ebenso wenig vertragen wie zu starke Vergrasung ihres Standortes.

Zirmet und Ungarn-Hasenohr in einem vernachlässigten Weingarten


Groß-Zirmet / Tordylium maximum

Bild 02: Tordylium maximum_Gainfarn (Riede Schützen)_29. September 2014
   Der Groß-Zirmet / Tordylium maximum ist wie alle anderen europäischen Zirmet-Arten eine Pflanze der Mittelmeerländer, kommt aber als einzige Zirmet-Art zerstreut auch in den wärmeren Gebieten Mitteleuropas vor, in Österreich nur im Panononischen Gebiet, besonders an der Thermenlinie [1], „vom Bisamberg bis über Vöslau hinaus" [2].
   Der Art-Beiname Groß- / maximum gebührt ihm zu Recht: Einige Vöslauer Pflanzen erreichten beinahe 2 Meter Wuchshöhe [3] (wie noch an den trockenen Stängeln gemessen werden kann). Andere Zirmet-Arten dürften nicht die Höhe von etwa einem Meter überschreiten ( T. apulum bis 60 cm, T. officinale bis 50(?) cm [4]-beide nicht in Österrreich).
[1] Xflora::855  [2] NEILREICH:: 634   [3] Xflora: (30)50-100(130) cm; HEGI V2: ###: etwa 30 bis 120 cm hoch und höher; BECK: 652: Stengel 1m hoch; NEILREICH:635: 1-3´hoch
[4] FLORA NEL SALENTO http://floranelsalento.blogspot.co.at/2012/02/blog-post_7447.html

Abmessung einer außerordentlich hohen Zirmet-Pflanze.

 

Bild 03: Tordylium maximum_Sauwinkel_16.August 2014
Der eigenartige Namen Zirmet könnte, wegen der auffallend kreisrunden Früchte, auf das mittelhochdeutsche Wort zirben (= sich im Kreise drehen) zurückzuführen sein [1].
Von 6 Teilfrüchten ist die behaarte Außenseite, von 3 die glatte Innenseite zu sehen.
[1] MARZELL 4: 726

9 Teilfrüchte vom Zirmet. Von 6 Teilfrüchten ist die behaarte Außenseite, von 3 die glatte Innenseite zu sehen.

 

Bild 04: Tordylium maximum_Gainfarn (Riede Schützen)_16. August 2014
Der Zirmet ist nur an wenigen Stellen zwischen Merkensteinerweg und Waldrand im Abschnitt zwischen Hüterriegel und Granerbründl zu finden. Wegen seiner auffallenden Form der Früchte ist er auch unschwer im fruchtenden Zustand zu erkennen. Er gedeiht auf Flächen, deren Böden einmal bearbeitet und dann einige Jahre hindurch wenig gestört werden, bisweilen in großer Zahl, vor allem, wenn diese Standorte an den Saum von lichten Hecken anschließen.

Fundort von zahlreichen Zirmet-Pflanzen in einer Gstettn am Saum eines gebüsches in der weingartenlandschaft Der Zirmet ist nur an wenigen


Bild 05: Tordylium maximum_Obere Granern: Veränderung des Standortes: unten li: charakteristisches Stängelblatt des Groß-Zirmet
Solche Standorte bevorzugen auch die beiden anderen seltenen Doldenblütler, das Ungarn-Hasenohr / Bupleurum affine und der Acker-Klettenkerbel / Torilis arvensis. Durch Veränderungen in der Nutzung ihrer Standortflächen ergeben sich aber für diese drei konkurrenzschwachen Arten dramatische Folgen: Zu intensive Bodenbearbeitung und zu starke Konkurrenz durch Gräser behindern die Keimung und die Entwicklung der jungen Pflanzen.
Die förderlichen und limitierenden Faktoren für die Präsenz von Zirmet, Ungarn-Hasenohr und Acker-Klettenkerbel konnten in den Jahren von 2002 bis 2008 an diesem Fundort beobachtet werden. 2002 wurde der Weingarten noch bewirtschaftet, allerdings nicht mehr intensiv: Zwischen den Rebzeilen wurde der Boden bearbeitet, am Fuße der Rebstöcke konnte sich aber die Krautflora störungsfrei entwickeln. In den Jahren danach wurde die Bodenbearbeitung eingestellt. In diesem Brachezustand konnten sich von den drei Arten nur mehr der Zirmet mit von Jahr zu Jahr abnehmender Dichte halten. Mit der Rodung des Weingartens und der angrenzenden Hecke im Jahre 2005 wurden die Bedingungen für diese drei Arten noch ungünstiger, weil auf dieser Fläche eine Mähwiese angelegt wurde. 2006 konnten noch einige Pflanzen vom Zirmet beobachtet werden. Bei einem Besuch 2008 waren von diesem Fundort alle drei Arten verschwunden (und sind auch bis heute nicht wieder aufgetaucht).

Zu intensive Bodenbearbeitung und zu starke Konkurrenz durch Gräser behindern die Keimung und die Entwicklung der jungen Pflanzen.

 

 

Bild 06: Tordylium maximum_ 1. Oktober 2003: Jungpflanzen vom Zirmet im Pflanztopf: ausgesät im Herbst 2002, Keimung im Sommer 2003
Die Entwicklung von der Keimung bis zur Fruchtreife nimmt 1 bis 2 Jahre in Anspruch.
Unten: Die Keimblätter sind klein und rundlich und haben glatte Ränder, die ersten Folgeblätter sind lang gestielt, rundlich bis breit-eiförmig und haben gekerbte Spreitenränder.

Die Keimblätter sind klein und rundlich und haben glatte Ränder, die ersten Folgeblätter sind lang gestielt, rundlich bis breit-eiförmig und haben gekerbte Spreitenränder.

 

 

Bild 07: Tordylium maximum: 18. April 2003_Weingarten Obere Granen_ Übergangsphase zur Brache: noch reichlich Keimlinge und Jungpflanzen
Oben: Die auf die ersten Grundblätter folgenden weiteren Grundblätter sind einfach fiederschnittig mit 1 bis 3(?) Paaren von rundlich-eiförmigen Seitenabschnitten
Unten: Auf offenem Boden können die Jungpflanzen recht dicht stehen.

Unten: auf offenem Boden können die Jungpflanzen recht dicht stehen.

 

 

Bild 08: Tordylium maximum_Gainfarn (Riede Schützen)_16. August 2014 & 6. Jänner 2003
Nach der Fruchtreife sterben die Pflanzen ab. Die Früchte fallen allmählich vom Herbst bis zum folgenden Frühjahr von den trockenen Stängeln ab.

trockene Stängel vom Zirmet mit einigen Früchten

 

 

Bild 09: Tordylium maximum_oben: 15. Juni 2005-unten: 30. Juni 2002_im Kreis: 13. August 2005_alle Weingarten bzw. Weingartenbrache Obere Granern
Der Zirmet blüht im Sommer, von Juni bis August.   Eine Dolde hat 5 bis 15 Strahlen, an deren Enden jeweils 7- bis 10-blütige Döldchen sitzen. Die Kronblätter der äußeren Blüten der Döldchen sind stark vergrößert, besonders die am Rand der Dolde, wodurch die Lockwirkung des Blütenstandes auf Insekten erhöht wird.

Blütendolden mit strahlenden Randblüten

 

 

Bild 10: Tordylium maximum_Gainfarn (Obere Granern)_oben: 14. Juli 2002, unten: 15. Juli 2005
Die Blütenbesucher sind offensichtlich stets recht effektiv, da die Fruchtstände immer dicht mit Früchten besetzt sind.

Insekt besucht die Blüpten; dicht sitzende junge Früchte an einer Dolde

 

 

Bild 11: Tordylium maximum_Gainfarn (Obere Granern)_17. Juni, 24. Juni & 14. Juli 2002
Nach der Befruchtung entwickeln sich die Fruchtknoten recht schnell zu den typischen runden Früchten

drei Entwicklungsschritteder Fruchtreife

 

 

Bild 12: Tordylium maximum_Sooss_24. Juni 2002 & 7. August 2009 &
an der Gemeindegrenze am Waldrand nördlich vom Winzerhaus_16. Oktober 2006
Die Fruchtdöldchen sitzen dicht gedrängt an den aufrechten Doldenstrahlen.

 Fruchtdolden in unterschiedlichem Reifezustand

 

 

 

Bild 13: Tordylium maximum_ Sooss[1]_oben 17. Juni 2002, unten 26. Mai 2003
Auch in der Weingartenlandschaft vom Lausturm bis zum Badener Römerberg können wir hin und wieder an Gebüschsäumen den Zirmet finden.

 Blütendöldchen mit strahelnden Blüten von unten 2. Pflanze vor der Blüte, Harzberg im Hintergrund



Ungarn-Hasenohr / Bupleurum affine

Bild 14: Bupleurum affine_Gainfarn (Obere Granern)_27. Juli 2002
Gemeinsam mit Zirmet / Torylium maximum (> Bild 01 bis 13) und Acker-Klettenkerbel / Torilis  arvensis (August 2014) kam in dem Weingarten in den oberen Granern, dessen Bewirtschaftung allmählich eingestellt wurde, das seltene und gefährdete Ungarn-Hasenohr / Bupleurum affine vor.

Ausschnitt aus dem Blütenstand von einem Ungarn-Hasenohr 

 Bild 15: Bupleurum affine_ am Merkensteiner Weg (Schützen)_31. August 2008
Der Gattungsname Hasenohr bezieht sich auf das Durchwachs-Hasenohr / Bupleurum rotundifolium, dessen Blätter Hasenohren ähneln (Juli 2009, Bild 3). Das Ungarn-Hasenohr ist zierlicher und hat schmale linealische  Blätter. Die Art kommt außer in Ungarn und im Pannonikum Österreichs in Süd-Mähren, lokal in Mittel-Böhmen, in Bosnien-Herzegowina, Rumänien, Bulgarien und der Ukraine vor, in Frankreich, Griechenland und Kroatien nur an ganz wenige Fundorten. Nur in Ungarn liegen die Fundorte etwas dichter, sonst sehr zerstreut.[1]
[1] SNOGERUP: 287; KÄSTNER & FISCHER 2008: 138f; MEUSEL II K: 309a

Zahlreiche dicht wachsende Pflanzen vom Ungarn-Hasenohr

 

 

Bild 16: Bupleurum affine_ Gainfarn (Obere Granern)_14. Juli 2002
Die Blüten sind etwas mehr als 2 mm lang und stehen zu 3 bis 6 in Döldchen zusammen, die von 4 - 5 Hüllchenblättern umschlossen sind.

 Ausschnitt aus dem Blütenstand von einem Ungarn-Hasenohr

 

 

Bild 17: Bupleurum affine_Obere Granern_14. Juli 2002 (oben)_Oberkirchen_3. Juli 2003 (unten)
Die Kronblätter der kleinen Blüten sind anfangs gelb und verfärben sich während der Blühphase rot [1]. Die Hüllblättchen sind länger als die Blüten und ragen daher über sie hinaus.
[1] Violette Blüten habe ich in Vöslau und Sooss nicht gesehen (vgl. Xflora : 848)

Ausschnitte aus Blütenständen von drei Pflanzen mit gelben und roten Blumenkronblättern

 

 Bild 18:  Bupleurum affine_Sauwinkel_30. September 2014
Dass die Blüten beim Ungarn-Hasenohr in Dolden und Döldchen angeordnet sind, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Der rote Kreis markiert etwa den Bereich, der in Bild 19 dargestellt ist.

flach gepresstes Ungarn-Hasenohr

 

 

Bild 19: Bupleurum affine_Sauwinkel_30. September 2014
Die Enddolden (an den Enden der Zweige) haben nur wenige Doldenstrahlen (selten mehr als 3); ihre Strahlen haben unterschiedliche Länge und stehen mit einem sehr spitzen Winkel voneinander ab. Die Döldchen haben meist 4 bis 6 (selten bis10) Blüten, die nur zu einem kleinen Teil zur Reife gelangen, sodass, wie hier, sogar Döldchen mit nur einer Frucht zu beobachten sind. Zusätzlich sitzen fast immer unterhalb der Doppeldolden einzelne Früchte: Das sind kurz gestielte Seitendolden mit stark (meist auf 1) reduzierter Döldchenzahl, die noch dazu den Zweigen eng anliegen. Also ein völlig anderes Erscheinungsbild als wir es beim Klettenkerbel ( August 2014), beim Zirmet (vgl Bild 09 und 12), beim Durchwachs-Hasenohr / Bupleurum rotundifolium (Juli 2009, Bild 3), beim Sichelblatt-Hasenohr / Bupleurum falcatum (Juli 2103, Bild 6)  oder bei einem der "Paradedoldenblütler", der Wildkarotte / Daucus carota (August 2007), sehen.

 Detaillierte Darstellung der Organisation einer Doppeldolde vom Ungarn-Hasenohr

 

 

Bild 20: Bupleurum affine_ Gainfarn (obere Granern)_ 29. September 2002
Die Früchte lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass es sich beim Ungarn-Hasenohr um einen Doldenblütler handelt: Jede Frucht zerfällt bei der Reife in zwei Teilfrüchte, die anfangs an den Enden eines gabelförmigen Fruchtträgers anhaften.

Nahaufnahme von einem Teil eines Döldchens mit reifen Früchten. Teilfrüchte und Fruchtträger

Bild 21: Bupleurum affine__ großes Bild: Sooss (In langen Weingärten)_1. Oktober 2003__
li unten: Gainfarn (Obere Granern)_29. September 2002__re unten: Merkensteinerstraße_14. September 2004
Die Hüllchenblätter können sehr verschieden lang sein,  sogar die an ein und demselben Döldchen: So können sie die Früchte überragen, sie können aber auch deutlich kürzer sein. [1]
[1] Anders in Xflora 2008: 848. „ HüllchenB die Blü u. Fr überragend". Bei den Vöslauer und Sooser Individuen schwankt die Länge der Hüllcheblätter zwischen 1 und 4 mm, die Blüten sind etwa 2 mm, die Früchte etwa 2,5 mm lang. Dadurch überragen in vielen Fällen die Hüllchenblätter die Spitzen der Früchte nicht. Bei HEGI (V2: 1117): Hüllchenblätter in der Länge ungleich, zur Blütezeit fast doppelt so lang wie die Döldchen, „kaum länger als die Früchte".

 Detailaufnahmen von Döldchen: Die Hüllchenblätter können die Spitzen der Früchte überragen, können aber auch deutlich kürzer sein

 

Bild 22: Bupleurum affine_ Sooss (In langen Weingärten)_1. Oktober 2003
Die Früchte werden nicht alle gleichzeitig reif, so dass wir von August bis Oktober Früchte unterschiedlichen Reifezustandes an ein und derselben Pflanze sehen können. So kann die Streifenwanze / Graphosoma lineatum auch noch im Oktober aus den unreifen und daher noch wasserhältigen Früchten Pflanzensäfte saugen. [1]
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Streifenwanze

  Eine Streifenwanze saugt an den noch unreifen Früchten des Ungarn-Hasenohrs

 

 

Bild 23: Bupleurum affine_Merkensteinerweg (Schützen)_26.Oktober 2004
Gegen Allerheiligen sind meist alle Früchte abgefallen. Die abgestorbenen Stängel des Ungarn-Hasenohres bleiben oft bis in den Winter stehen.

abgestorbene  Stängel des Ungarn-Hasenohrs, ohne Früchte