Fragen & Antworten zu Tempo 30
Wie sind die gesetzlichen Grundlagen für eine Geschwindigkeitsbeschränkung?
Grundsätzlich liegt laut Straßenverkehrsordnung (StVO 1960) die Verordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde, sofern nur Gemeindestraßen betroffen sind. Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Landesstraßen bedürfen einer Verordnung der Bezirkshauptmannschaft. Es können dabei Beschränkungen auf einzelnen Straßen, aber auch für das ganze Ortsgebiet getroffen werden.
Konkret heißt es da (§20 Abs. 2a StVO):
„Die Behörde kann […] durch Verordnung […] eine geringere als die nach Abs. 2 zulässige Höchstgeschwindigkeit festlegen, sofern dies auf Grund der örtlichen oder verkehrsmäßigen Gegebenheiten nach dem Stand der Wissenschaft zur Erhöhung der Verkehrssicherheit oder zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe und zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen geeignet erscheint.“
Das Erfordernis, sprich die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Geschwindigkeitsreduktion, ist dabei gutachtlich festzustellen, wobei im Rahmen einer aktuellen Novelle der StVO 1960 dbzgl. Erleichterungen vorgesehen sind.
Was bringt die geplante Novelle der StVO 1960?
Mit der Reform der Straßenverkehrsordnung soll es für Gemeinden einfacher werden, eine Temporeduktion im Ortsgebiet umzusetzen. Bürokratische Hürden wie die Erstellung von Gutachten sollen demnach wegfallen, wobei sich dies auf Regelungen zur Höchstgeschwindigkeit in besonders schutzbedürftigen Bereichen beschränkt. Dazu gehören zum Beispiel Schulen, Kindergärten, Freizeiteinrichtungen, Krankenhäuser oder auch Senioreneinrichtungen. Voraussetzung ist, dass die Maßnahme zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beiträgt. In diesen Fällen ist lediglich die grundsätzliche Eignung erforderlich.
Für 30er Zonen in Wohngebieten, für welche das Eignungskriterium als „schutzwürdiger Bereich“ nicht anwendbar ist, sind nach wie vor entsprechende positive verkehrstechnische Gutachten als Basis für die Verordnung notwendig.
Auch hier gilt zukünftig die Zuständigkeit der Gemeinde für Gemeindestraßen und der Bezirkshauptmannschaft für Landesstraßen (B & L). Die Reform tritt voraussichtlich am 1. Juli 2024 in Kraft. Darüber hinaus soll mit der Novelle das Tempolimit auch entsprechend überwacht werden können. Auch hier gibt es eine Erleichterung, denn Radarkontrollen können künftig von den Gemeinden selbst durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist eine (noch ausständige) Übertragungsverordnung des Landes. Aktuelle laufen hierzu noch (ergebnisoffene) Verhandlungen zwischen den Land NÖ und den Vertretern von Städte- und Gemeindebund. Ein eigener Gemeindewachkörper wie bisher wird dafür aber nicht mehr notwendig sein.
Wie ist der Status quo in Bad Vöslau?
Tempo-30-Beschränkungen sind in Bad Vöslau nichts Neues. Die frühesten Verordnungen rühren aus den 1990er Jahren und wurden im Laufe der Zeit – zuletzt 2011 auf der Badener Straße – kontinuierlich erweitert. Aktuell liegen etwas mehr als die Hälfte des 57,5 Kilometer langen Gemeindestraßennetzes innerhalb von kundgemachten 30er-Zonen, knapp drei Kilometer sind als Wohnstraßen kundgemacht. Auf den restlichen 28,6 Kilometern gilt nach wie vor die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometern (siehe auch Übersichtskarte 30er – Zonen.)
Warum werden in Bad Vöslau die 30er Zone ausgeweitet?
Eine Reduktion der Geschwindigkeiten, insbesondere in den Siedlungsgebieten bringt vielerlei Vorteile mit sich.
- Unfälle können verhindert und Leben gerettet werden, denn der Anhalteweg bei Tempo 50 beträgt mehr als das Doppelte als bei Tempo 30! Wird langsamer gefahren kann der Seitenraum einer Straße besser wahrgenommen und Gefahren so früher erkannt werden. Zudem sinkt das Tötungsrisiko bei Kollisionen im Vergleich zu Tempo 50 um das Vier- bis Fünffache.
- Emissionen, insbesondere von Lärm, werden deutlich verringert. Die Reduzierung von Tempo 50 auf 30 nehmen Menschen als Halbierung des Verkehrs wahr. Da Tempo 30 sich auch positiv auf den Verkehrsfluss auswirkt, wird durch verringerte Brems- und Beschleunigungsvorgänge der Verkehrslärm nochmal verkleinert.
- Bei Tempo 30 sind mehr Menschen mit dem Fahrrad wie auch zu Fuß unterwegs, aktive und gesundheitsfördernde Mobilität wird so gestärkt. Insbesondere Kinder spielen in verkehrsberuhigten Tempo 30 Zonen mehr als doppelt so lange unbeaufsichtigt im Wohnumfeld als bei Tempo 50.
- Die so gesteigerte Lebens- und Aufenthaltsqualität stärkt auch den Einzelhandel und die Nahversorgung im Ort. Da sich die Menschen länger im Freien aufhalten, der Straßenraum wieder zum sozialen Kontakt einlädt und das Flanieren ermöglicht wird, fließt auch mehr Geld in den lokalen Wirtschaftskreislauf.
Für welche Straßenzüge soll Tempo 30 verordnet werden?
Die Grundlage des Gemeinderatsbeschlusses bildet eine Empfehlung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). Dieses renommierte, auf Unfallprävention spezialisierte Institut hat der Stadtgemeinde Bad Vöslau, in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Abteilung Umwelt, Verkehr und Infrastruktur, in einem eigens vorgelegten Konzept empfohlen, auch die restlichen Straßenzüge in reinen Wohngebieten (abseits der Hauptverkehrsrouten) möglichst flächendeckend in verkehrsberuhigte 30er-Zonen zusammenzufassen. Von diesem Vorhaben ausgenommen sind lediglich so genannte „Vorbehaltsstraßen“, wobei etwaige bestehende Tempo-30 Beschränkungen in schutzwürdigen Bereichen auch künftig ihre Geltung behalten. Für die Autolenker in Vöslau, Gainfarn und Großau bedeutet das: Alle Straßen, die außerhalb des sog. „Vorhaltenetztes“ liegen und noch kein Tempo-30-Limit ausweisen, werden ab Juni 2024 im Sinne eines „Lückenschlusses“ in verkehrsberuhigte 30erZonen umgewandelt. Dabei werden sämtliche Zoneneinfahrten in der Stadt mit Bodenmarkierungen und Piktogrammen erkenntlich gemacht. Die Möglichkeit einer (mobilen) Radarüberwachung wird ebenso geprüft. Details dazu entnehmen Sie bitte der Übersichtskarte 30er – Zonen.
Was sind Vorhaltestraßen und warum sind diese von den Geschwindigkeitsbeschränkungen ausgenommen?
Bei „Vorhaltestraßen“ handelt es sich um jene Straßenzüge, welche nicht nur eine lokale, sondern auch eine (über-)regionale Bedeutung für den KFZ-Verkehr aufweisen. Sie weisen in der Regel in höheres Verkehrsaufkommen und daher auch einen entsprechenden Ausbauzustand auf. Zudem fungieren sie zumeist auch als Routen für den regionalen Personennahverkehr.
Im Ortsgebiet liegen nachfolgende Straßenzüge im „Vorbehaltsnetz“, sind also auch künftig von der Tempo-30-Regelung nicht betroffen:
- Landestraße B 212 (nördlicher und südlicher Abschnitt)
- Badener Straße nördlich der Raulestraße
- Bahnstraße
- Friesstraße nördlich der Tattendorfer Straße
- Tattendorfer Straße zwischen B 212 und Friesstraße
- Flugfeldstraße
- Gerichtsweg – Kottingbrunner Straße – Brunngasse
- Landesstraßen B 212 und L 4015 (beide Großau)
Etwaige, in diesen Straßenzügen bestehende Tempo-30 Beschränkungen in schutzwürdigen Bereichen (bspw. am Gerichtsweg vor dem Gymnasium) behalten dabei auch künftig ihre Geltung und werden davon nicht berührt.
Neben möglichen Problemen in der Abwicklung des erhöhten Verkehrsaufkommens würde die Ausweisung von Tempo 30 auf diesen „Vorhaltestraße“ auch zu einer Erhöhung von Schleichfahrten im untergeordneten Verkehrsnetz führen und so schnell zu einer Überlastung von Verkehrszügen mit einem niedrigen Ausbauzustand führen, ähnlich jener auf Ausweichrouten im Falle von Verkehrsunfällen oder Staus auf Autobahnen.
Was bringt Tempo 30, wenn es nicht ständig kontrolliert wird?
Wie in mehreren Studien aus unterschiedlichen Ländern(bspw. durch das Umweltbundesamt in Deutschland) nachgewiesen wurde, kann durch die Geschwindigkeitsbeschränkungen auch die tatsächliche Durchschnittgeschwindigkeit im Verkehr signifikant gesenkt werden, wenngleich die Überschreitungshäufigkeit bei Tempo 30 in der Regel höher als bei Tempo 50 ist. Aber selbst ohne Geschwindigkeitskontrollen oder andere Begleitmaßnahmen nimmt die mittlere Geschwindigkeit bei einer Senkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h um bis zu 16 km/h ab. Mit Geschwindigkeitskontrollen liegt der Rückgang bei bis zu 18 km/h. Die Spitzengeschwindigkeiten sinken stärker als die mittleren Geschwindigkeiten.
Wie geht es nun weiter?
Nach Beschluss durch den Gemeinderat werden nun sukzessive die entsprechenden Verkehrszeichen und Piktogramme im Straßenraum angebracht. Die Maßnahmen und deren Wirkungen werden dabei in weiterer Folge laufend überprüft und ggf. zusätzliche begleitende Schritte gesetzt. Dies kann bspw. in Form von baulichen Maßnahmen, zusätzlichen Piktogramme oder auch in letzter Konsequenz durch Geschwindigkeitskontrollen geschehen, wobei für letztere noch seitens des Land NÖ, im Rahmen einer Übertragungsverordnung, die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Die Notwendigkeit wird dabei stets mit den Experten des Kuratoriums für