Mai 2020

Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Bad Vöslau, Gainfarn und Großau!

Schwierige Zeiten
Wir durchleben Zeiten der Ausgangsbeschränkungen, verbunden mit dem Gefühl eingesperrt zu sein. Wir müssen bewusst mit einer Krankheit umgehen, die bei manchen sogar zum Tod führen kann. Wir sehen in anderen Ländern Militärkonvois, die Särge transportieren und hören Nachrichten, die meist von Krankenzahlen, Ansteckungsraten und Schutzmaßnahmen handeln, um gegen einen unsichtbaren Feind anzukämpfen. Es ist ein Zustand, den wir in den letzten Jahrzehnten, sicher nicht erahnt hätten.
Wir hoffen, dass wir es nun – auch mit Verlusten und Sorgen für die Zukunft – halbwegs geschafft haben. Wie muss es wohl erst den Menschen im Mai 1945 ergangen sein? Am Ende des Zweiten Weltkriegs lag Österreich in Trümmern. 6 Jahre Verderben und Elend, in denen selbst die Kriegsgewinner schlussendlich als Verlierer hervorgingen.
Man kann sicher keine realen Vergleiche zwischen dem Zweiten Weltkrieg und der Corona-Krise ziehen. Das wäre sicher vermessen. Dennoch hält man in Krisenzeiten viel mehr zusammen. Das haben auch wir in den letzten Wochen gespürt.

75 Jahre Kriegsende“ - „65 Jahre Staatsvertrag“.
Wir gedenken in diesem Monat nicht nur „75 Jahre Kriegsende“ sondern auch „65 Jahre Staatsvertrag“. In Bad Vöslau wurde 1955 von Bundeskanzler Julius Raab bekannt gegeben: „Die jüngste österreichische Stadt Bad Vöslau kann stolz sein, dass ich von hier aus dem Österreichischen Volke verkünde: Österreich wird frei!“
Wir Vöslauer sind heute noch stolz, dass wir es als erste, schon am 15. April 1955 – genau einen Monat vor der historischen Kundmachung am Balkon des Schloss Belvedere - wussten.

Der Freiheitsbrunnen
Damit es uns Jüngeren, die diese Zeiten nicht erleben mussten, in Erinnerung bleibt, wurde am 22. Oktober 1967 der Freiheitsbrunnen enthüllt. Der viel zu früh verstorbene Vöslauer Bildhauer Mathias Hietz hatte die Aufgabe, der Freiheit Österreichs eine reale, künstlerische Form zu geben. Er wollte mit dem Brunnen am Badplatz (eigentlich Rudolf Frimmel-Platz) zeigen, wie der Weg zur Freiheit aus der politischen Unordnung der Nachkriegszeit gefunden wurde. „So habe ich der flammenden, verdrehten Form eine künstlerische Gestalt gegeben, die allein für sich als Symbol der Freiheit wirken soll. Der emporschießende Wasserstrahl symbolisiert den außerordentlich starken Freiheitswillen des österreichischen Volkes, der auch durch die größten politischen Wirrnisse hindurch seinen Weg fand. Nicht zügellos soll diese Freiheit vergeudet, sondern diszipliniert genutzt werden ... “ beschreibt Mathias Hietz selbst seinen Entwurf.


Der Freiheitsbrunnen bei der Eröffnung im Jahr 1967. Er erinnert an die Rückkehr der Regierungsdelegation aus Moskau … (Foto: Stadtmuseum Bad Vöslau )


… im Jahr 1955: Die Delegation hochrangiger Bundes-Politiker ist aus Moskau kommend am Vöslauer Flugplatz gelandet. Am 15.April – vor 65 Jahren - wurde in Bad Vöslau verkündet: "Österreich wird frei"! Wir sind stolz, dass wir dies in der damals jüngsten Stadt Österreichs einen Monat vor allen anderen erfahren durften. (Foto: Stadtmuseum Bad Vöslau)

Diese Ideen und Grundgedanken gelten sicher ebenso heute. Die besonderen Anlässe im Mai vor 75 bzw. 65 Jahren waren für uns ausschlaggebend, den Freiheitsbrunnen heuer sorgfältig zu renovieren.   Der Freiheitsbrunnen soll zum einen das Gedenken und die Erinnerung an das Vergangene bewahren. Er soll uns aber auch mahnen, nicht leichtsinnig in die Zukunft zu gehen.

Ihr Christoph Prinz
Bürgermeister