Jänner 2017

Sehr geehrte Bürgerinnen & Bürger aus Bad Vöslau, Gainfarn & Großau

Unsere Kur- und Tourismusstadt ist auf rd. 13.800 Einwohner angewachsen. Die Nächtigungszahlen im Tourismus sind stabil. Die Besucherzahlen bei Veranstaltungen im Steigen. Die Wirtschaftlichen Zahlen und die externen Bewertungen von Bad Vöslau sind überaus positiv.

Bad Vöslau geht optimistisch ins Jahr 2017
Im Jahr 2017 erwarten uns wieder neue Herausforderungen, aber auch große Chancen und Möglichkeiten. Gerade deswegen bin ich sehr darauf bedacht, dass die Einnahmen die leider ständig steigenden Ausgaben für die Gemeinde decken. Es muss auch in Zukunft gewährleistet sein, dass die technische Infrastruktur auf dem gewohnt hohen Niveau fortbesteht und öffentliche Einrichtungen, wie Kindergärten und Schulen ausreichend zur Verfügung stehen. Dazu braucht es auch wirtschaftliche Einnahmen. Gerade dieses Spannungsfeld zu beherrschen wird eine große Aufgabe im noch jungen Jahr sein, die wir sicher meistern werden.

Die Welt hat sich verändert
Mit Beginn der Flüchtlingskrise rückten europaweit neue Themen in den Vordergrund, die auch für unser Heimatland Österreich zusätzliche Aufgaben mit sich brachten.
Ich möchte Ihnen in meinem monatlichen Bericht gerne näher bringen, wie Bad Vöslau damit umgeht. Ich will aber auch die großartige ehrenamtliche Arbeit einiger unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger aufzeigen, die fast ohne Gemeindegelder seit vielen Monaten geleistet wird. Denn mehr als 50 Vöslauerinnen und Vöslauer, engagieren sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich für Flüchtlinge in unserer Stadt.

Plattform Flüchtlingshilfe
Als sich im Sommer 2015 bereits einige Vöslauerinnen und Vöslauer persönlich und eigeninitiativ in der Flüchtlingsarbeit engagierten und dabei den Kontakt zur Gemeinde suchten, habe ich eine Plattform ins Leben gerufen, um diese Aktivitäten zu bündeln und die Helfer zu vernetzen. Die Koordination übernahm die Integrationsbeauftragte im Rathaus, die in Folge auch als Ansprechpartnerin für alle Bereiche der Flüchtlingsbetreuung fungierte.
Rund 130 Asylwerber und Asylberechtigte leben seit dem laufend in Bad Vöslau. Manche haben nur kurz Zuflucht gefunden. Vor allem die alleinstehenden Jugendlichen ziehen wieder weg – andere nehmen ihre Plätze in den Unterkünften ein. Einige Familien mit kleinen Kindern sind aber bereits länger bei uns und in den Kindergärten und Schulen integriert.
Betreut werden die meisten von geschulten und beauftragten Vereinen, die mit der Caritas zusammenarbeiten und vom Land Niederösterreich überprüft werden. Daneben gibt es auch einige Privatunterkünfte, die direkt mit dem Land zusammenarbeiten.

Soforthilfe, Vernetzung, Erlernen der deutschen Sprache
Als besonders wichtig wurde innerhalb der Plattform die Soforthilfe für zugezogene Asylwerber angesehen. Unsere Sozialstadträtin besuchte alle Flüchtlinge persönlich, um herauszufinden, was sie am Dringendsten benötigen. Gemeinsam mit privaten Spendern, vielen Freiwilligen und diversen Vereinen übernahm sie die Aufgabe, Asylwerber und Asylberechtigte mit dem Notwendigsten auszustatten. Möbeln, Geschirr, Waschmaschinen, Kleidung, Kinderwagen und ähnliches wurden besorgt und zu den Unterkünften transportiert.
Um die Kommunikation zu erleichtern und die Unterstützung besser zu organisieren, können sich alle Helfer in eine E-Mail-Verteilerliste eintragen, die von der Integrationsbeauftragten verwaltet wird. Sie hat auch eine Liste erstellt, in der alle Hilfsangebote zusammengefasst werden, um diese auch wirklich sinnvoll verwenden zu können.
Da Asylwerberinnen und Asylwerber anfangs keine Möglichkeit haben, Deutschkurse zu besuchen, wurden von ca. 15 Ehrenamtlichen sogenannte „Deutschlern-Treffs“ 6x pro Woche etabliert. Flüchtlinge, die schon länger hier wohnen und daher schon besser Deutsch können, helfen mittlerweile dabei mit. Für Kleinkinder wird auch eine Kinderbetreuung am Nachmittag angeboten, die eine gute Gelegenheit bietet, spielerisch Deutsch zu lernen und somit auch die Mütter einbindet.
Als Unterstützung für die Helfer gibt es Zusammenkünfte, wo die Organisation der Lerntreffs und die notwendigen Lernunterlagen besprochen werden. Darüber hinaus gibt es Infoabende und Workshops, um den freiwilligen Helfern beispielsweise in Rechtsfragen oder zu den Themen der kulturellen Unterschiede eine Anhalt zu geben.

Zahlreiche Privatinitiativen
Durch viele private Aktivitäten wie gemeinsames Wandern, Kochen oder Spielen sind persönliche Kontakte entstanden, die dazu geführt haben, dass Asylwerber und Asylberechtigte bei Amtswegen, Arztbesuchen oder bei der Wohnungssuche begleitet und oft auch finanziell und unbürokratisch unterstützt werden.
Vöslauer Familien trafen sich mit ihren Kindern und einheimischen Jugendlichen im Jugendzentrum mit jungen Flüchtlingen zum Spielen, Musizieren und Plaudern.
Zahlreiche Vöslauer Bürgerinnen und Bürger sowie etliche Firmen haben gebrauchte PCs (Lap- oder Desktops) kostenlos zu Verfügung gestellt, sodass wöchentliche Computer-Treffs für asylsuchende Personen und anerkannte Konventionsflüchtlinge stattfinden konnten, ehrenamtlich geleitet vom Organisator, einem Computertrainer. Durch die Arbeit mit dem Computer wurden auch die Deutschkenntnisse gestärkt.
Gebrauchte Fahrräder wurden gesammelt, gemeinsam mit den Flüchtlingen repariert und dann an sie weitergegeben. Daraus entstand das Projekt „Biskliet und Basklet“, das das Fahrradfahren als einfache und billige Möglichkeit der Fortbewegung den Flüchtlingen näher bringen möchte.
Eine Vöslauer Initiative hat an der Aktion des Landes NÖ „Stolz auf unser Dorf – auf gute Nachbarschaft“ teilgenommen. Mit dem Schwerpunkt „Afghanistan“ hatten junge Menschen die Gelegenheit, ihre Fähigkeiten und die Kultur ihres Landes vorzustellen. Bei einem Workshop bastelte man unter der Anleitung von jungen Afghanen aus einfachsten Mitteln einen Drachen, ein Symbol der Freiheit für dieses Land. Gemeinsam mit anderen Jugendlichen wurde ein interkultureller Tanzabend geplant und organisiert. Die geplanten Veranstaltungen sollten aber vor allem dazu beitragen, die unterschiedlichsten Menschen in Bad Vöslau, egal welcher Nation, Hautfarbe oder Religion, einander näherzubringen.
Eine kreative Vöslauerin hatte die Idee, ein Geschäft für hochwertige Secondhand-Dirndl zu eröffnen und den Erlös karitativen Hilfsorganisationen zu Verfügung zu stellen.

Integrationsbereitschaft
Nicht nur, dass sich viele der Flüchtlinge bereits gut in unserer Stadt integriert haben und sehr schnell die deutsche Sprache erlernen, haben sie viele Zeichen zur Integrationsbereitschaft gesetzt. Sie haben sich sowohl bei den Helfern mit selbstgekochtem Essen als auch durch ehrenamtliche Arbeit für die Stadtgemeinde Bad Vöslau eingebracht. Mit großer Begeisterung arbeiten sie bei Veranstaltungen mit und nehmen an Aktivitäten – wie z.B.; dem Kurstadtlauf – teil. Oder hätten Sie vermutet, dass sie u. a. bei der Trockenrasenpflege des Biosphärenpark Wienerwald in Gainfarn oder beim Bemalen der Lebkuchen-Hütten für den Adventmarkt im Schloßpark tatkräftig und kostenfrei mitgewirkt haben?
Man sollte aber nicht unerwähnt lassen, dass die unermüdliche Arbeit der Freiwilligen an Grenzen stößt. Für die Gemeinde kommt erschwerend hinzu, dass sie oft vor vollendete Tatsachen gestellt wird und selbst keine ausreichenden Informationen erhält. So gibt es z.B. nicht immer eine Meldung, wenn Flüchtlinge in das Gemeindegebiet verlegt werden oder Asylberechtigte zuziehen. Man erfährt dies erst, wenn plötzlich Familien Kindergarten- oder Volksschulplätze benötigen oder sie von Vermietern zu den Deutschlerntreffs geschickt werden. Aber auch hier haben wir uns bereits selbst organisiert und arbeiten mit den Freiwilligen, den Vereinen und den Behörden, wie z. B. der Polizei noch enger zusammen. Vielen Dank an alle, die hier mitwirken!

Alles Gute für das Jahr 2017
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen kleinen Einblick in die unbürokratische, aber sehr persönliche und dadurch überaus erfolgreiche Flüchtlingsarbeit in Bad Vöslau geben.
Ich wünsche Ihnen, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger – uns allen, die wir in Bad Vöslau, Gainfarn und Großau gemeinsam leben – für das Jahr 2017 viel Erfolg, alles Gute und vor allem Gesundheit.

Ihr
Christoph Prinz
Bürgermeister