August 2010

Acker-, Bart- und Kamm-Wachtelweizen /Melampyrum arvense, M. barbatum, M. cristatum


Acker-Wachtelweizen / Melampyrum arvense

Der Acker-Wachtelweizen war noch vor wenigen Jahrzehnten ein häufiges „Unkraut" in Getreidefeldern und Äckern.

Bild 01: Melampyrum arvense_Samen_24. September 2010
Einige noch unreife Samen des Acker-Wachtelweizens

 Bildtext 01: Einige noch unreife Samen des Ackerwachtelweizens

     Die Samen sind etwa so groß wie Getreidekörner und wurden daher leicht mitgeerntet [1]. Von dieser Art Melampyrum arvense sind sehr viele deutsche volkstümliche Pflanzennamen überliefert, die sich auf die Farbe und Gestalt des Blütenstandes und auf die Form der Samen beziehen. Als deutscher Standardname („Büchername") hat sich Wachtelweizen durchgesetzt. Mundartliche Abwandlungen von „Taubenweizen" werden aus der Beobachtung abgeleitet, dass im Kropf von Ringeltauben, und wohl auch von gejagten Wachteln, häufig Früchte des Acker-Wachtelweizens gefunden wurden [2].
    Beim antiken Schriftsteller Theophrast wird „melámpyron" als Unkraut unter dem Weizen genannt. („mélas" = schwarz, „pyrós" = „Weizen":"Schwarzweizen").  Linné hat 1737 diesen Namen in seiner latinisierten Form als wissenschaftlichen Namen übernommen [3].
[1] HOLZNER & GLAUNINGER: 215      [2] MARZELL 3: 94-99.     [3]  MARZELL 3: 94

 

Bild 02: Melampyrum arvense_25. Juni 2009_Gainfarn __Die kleinen weißen Blüten gehören dem Weiß-Labkraut (Galium album).
Diese Art kam in Weingärten, Brachen, trockenen Wiesen und in lichten Gebüschen häufig vor [1]. Heute zählt der Acker-Wachtelweizen in einigen Regionen Österreichs zu den „Gefährdeten Arten". Auf Vöslauer Gemeindegebiet gab es bis 2009 jedes(?) Jahr eine Population dieser Pflanzenart auf der Wiese zwischen Wasserleitungsdamm und Aubach nahe dem Kinderspielplatz in Gainfarn. Heuer wurden an dieser Stelle keine Pflanzen dieser Art gefunden.
[1] JANCHEN

Bildtext02 : Einige Pflanzen des Acker-Wachtelweizens in einer Wiese südlich der Lannergasse. Die kleinen weißen Blüten gehören dem Weiß-Labkraut (Galium album).

 

Bild 03:  Melampyrum arvense_12. Juni 2008_ Gainfarn, Auf dem Felde
Die Blüten sind zweifärbig, gelb und purpurlila. Diese Farbe wiederholt sich in den Tragblättern der Blüten, wodurch die Blütenstände bei uns und bei bestäubenden Insekten über größere Entfernung Interesse auslösen.

Bildtext 03: Die Blüten sind zweifärbig, gelb und purpurlila. Diese Farbe wiederholt sich in den Tragblättern der Blüten, wodurch die Blütenstände bei uns und bei bestäubenden Insekten über größere Entfernung Interesse auslösen.

 

Bild 04: Melampyrum arvense_26. August 2010_Gainfarn-"Weichselberger"
Nach intensiver Suche im gesamten Gemeindegebiet konnten heuer nur an zwei Stellen in Wald- bzw. Heckensäumen in der Nähe des Hexensteins zwei Populationen dieser attraktiven Pflanzenart festgestellt werden.

Bildtext 04: Einer der beiden Fundorte am Waldrand westlich von Gainfarn im Saum des Waldes und am Rande eines Weingartens.

Der Rückgang in Kulturen ist auf den Einsatz von Herbiziden und eine verbesserte Saatgutreinigung zurückzuführen. Zur Frage, warum die Art auch in Brachen, Wiesen und Gebüschen selten geworden ist, können nur Vermutungen angestellt werden: Der Acker-Wachtelweizen bevorzugt stickstoffarme Standorte [1];  da die Böden von durch Verbrennungsvorgänge erzeugten Stickstoffverbindungen heute zusätzlich mit Stickstoff versorgt werden, könnte neben der Mineralstickstickstoffdüngung auch die „Luftdüngung" für den Rückgang von Arten, die sich nur auf mageren Böden gegen Konkurrenz anderer Arten durchsetzen können, verantwortlich sein. Auf natürliche Weise wird die Vermehrung durch winzige Raupen (Bild 05 Art?) beeinträchtigt: Ein großer Teil der reifenden Samen wird von ihnen gefressen. Ob dies in jedem Jahr so ist, müssten längerfristige Beobachtungen klären.
[1] ELLENBERG

 

Bild 05: Melampyrum arvense_Raupe (Art?)_24. September 2010
Die nur 7 bis 9 mm langen Raupen fressen die Samen und geben schwarze Kotbällchen in großer Zahl ab, wodurch die Fruchtstände unansehnlich schwarz werden.

Bild 05: Die nur 7 bis 9 mm langen Raupen fressen die Samen und geben schwarze Kotbällchen in großer Zahl ab, wodurch die Fruchtstände unansehnlich schwarz werden.

Alle Wachtelweizen-Arten sind Halbparasiten. Sie haben zwar Chlorophyll, mit dessen Hilfe sie die körpereigenen Aufbau- und Betriebsstoffe erzeugen können, sie entwickeln aber kein wirkungsvolles und weitstreichendes Wurzelsystem für die Wasserversorgung, sondern saugen mit speziellen Saugwurzeln Wasser aus den Wurzeln verschiedener Gräser und Kräuter. Der Keimling entwickelt zwar zunächst ein ausgedehntes Wurzelsystem, aber erst nach  Kontakt mit Fremdwurzeln bildet sich ein Spross aus [1].
[1] HANF 1982: 635

 

Bild 06: Melampyrum arvense_24. September 2010_Gainfarn, Weichselberger
Oben: einige Pflanzen vom Acker-Wachtelweizen nach der Blüte. Unten: Junger Fruchtstand: Die unteren Deckblätter sind grün, nur die obersten blassviolett gefärbt. Zwischen den mittleren Deckblättern auf diesem Bild sind Kotballen von Raupen zu erkennen. Mitte: In der Achsel eines ergrünten Deckblattes eine reife Samenkapsel mit zwei (von vier) reifen Samen.

Bildtext06: oben: einige Pflanzen vom Acker-Wachtelweizen nach der Blüte. Unten; Junger Fruchtstand: Die unteren Deckblätter sind grün, nur die obersten blassviolett gefärbt. Zwischen den mittleren Deckblättern auf diesem Bild sind Kotballen von Raupen zu erkennen. Mitte: In der Achsel eines ergrünten Deckblattes eine reife Samenkapsel mit zwei (von vier) reifen Samen.

Während der Fruchtreife verblasst die violette Farbe der Deckblätter, die Pflanzen fallen nur mehr bei gezielter Suche auf. Dieses Phänomen kann man auch an anderen Arten , z.B. an der Vielfarben-Wolfsmilch (Euphorbia polychroma) beobachten: Zur Blütezeit ist es für die Pflanze vorteilhaft, wenn sie durch auffallende Farben Insekten anlockt. Die schwache Signalwirkung der kleinen Blüten wird durch die kräftige Färbung der Deckblätter des Blütenstandes erhöht. Nach der Bestäubung ist es günstig, wenn mit möglichst viel Chlorophyll Stoffe produziert werden, die die Samen zur Reife bringen.

 


 

Bart-Wachtelweizen / Melampyrum barbatum

 Bild 07: Melampyrum barbatum_30. Juli 2008_Kottingbrunn zwischen Badnerstraße u. Waldgasse
Die hellgelben Blütenstände des Bart-Wachtelweizens auf einer Wiesenbrache an der Badener-Straße in Kottingbrunn. Auf Vöslauer Gemeindegebiet konnte diese Art bisher nicht entdeckt werden. Heuer blühten einige Pflanzen auf der Ruderalfläche beim Lagerhaus (schon näher an der Gemeindegrenze, aber noch auf Kottingbrunner Gemeindegrund)

Bildtext 07 :Die hellgelben Blütenstände des Bart-Wachtelweizens auf einer Wiesenbrache an der Badener-Straße in Kottingbrunn. Auf Vöslauer Gemeindegebiet konnte diese Art bisher nicht entdeckt werden. Heuer blühten einige Pflanzen auf der Ruderalfläche beim Lagerhaus (schon näher an der Gemeindegrenze, aber noch auf Kottingbrunner Gemeindegrund)

Viel seltener als der Acker-Wachtelweizen ist der Bart-Wachtelweizen (Melampyrum barbatum), dessen Blütenstand auch durch einen Farbkontrast auffällt: Die Deckblätter , deren Ränder wie beim Acker-Wachtelweizen in lange Borstenzähne aufgelöst sind, verstärken durch ihre bleiche Farbe die Wirkung der einfärbig hellgelben Blüten.

 

Bild 08: Melampyrum barbatum _30. Mai 2003_Kottingbrunn
Eine Einzelblüte des Bart-Wachtelweizens mit ihrem am Rande stark gezähnten Deckblatt.

Bildtext: Eine Einzelblüte des Bart-Wachtelweizens mit ihrem am Rande stark gezähnten Deckblatt.


 Kamm-Wachtelweizen  / Melampyrum cristatum

Auch der Kamm-Wachtelweizen ist nicht gerade häufig, auf dem Vöslauer Gemeindegebiet wurde diese Art in den letzten Jahren nur an zehn verschiedenen Fundorten in lichten Eichenwäldern, in wenigen Schlagflächen und an einigen Wald- und Gebüschsäumen festgestellt.

 Bild 09 Melampyrum cristatum_Harzberg, beim Wasserreservoir_ 25.Juli 2004 & Melampyrum cristatum_Harzberg, oberhalb der Roverhütte_ 28.07.2002
Die Deckblätter haben eine sehr eigenwillige Form, die der Art zum deutschen und lateinischen Artbeinamen verholfen hat: Sie sind gefaltet, ihre Ränder dicht und kurz gezähnt. Die unteren Deckblätter sind meist zu einer langen Spitze mit glatten Rändern verlängert.
Der Blütenstand ist bei dieser und bei den beiden anderen hier vorgestellten Arten vierkantig, wie bei einem Blick von oben gut zu sehen ist.

Die Deckblätter sind am Rand kammartig gezähnt. Der Blütenstand ist bei dieser und bei den beiden anderen hier vorgestellten Arten vierkantig, wie bei einem Blick von oben gut zu sehen ist.

Bild 10: Melampyrum cristatum_Harzberg_17.August 2008
Es treten zwei Formen auf, die eine mit blassgelben Blumenkronen und weißgrünlichen Deckblättern, die andere, bei der diese Pflanzenteile mehr oder weniger purpurn gefärbt sind. Hier zwei Pflanzen mit purpurn gefärbten Anteilen der Kron- und Deckblätter im lichten Wald aus Flaum-Eichen (Quercus pubescens), mit Perückensträuchern (Cotinus coggygria) in der Kraut- und Strauchschicht, westlich der Sandgrube am Harzberg.

Bildtext 09: Die Form mit purpurn gefärbten Anteilen der Kron- und Deckblätter im lichten Wald aus Flaum-Eichen (Quercus pubescens, mit Perückensträuchern (Cotinus coggygria) in der Kraut- und Strauchschicht, westlich der Sandgrube am Harzberg.

 Weitere Arten vom  Wachtelweizen / Melampyrum  im September 2010